Wie sich die gemeinsame Haftung in der Eurozone eindämmen lässt

Standpunkt

Die Kreditzinsen für hoch verschuldete Mitglieder der Eurozone sind seit der Verkündung des "Outright Monetary Transactions" (OMT)-Programms der Europäischen Zentralbank auf ein Niveau gesunken, das in keiner Weise durch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten dieser Staaten gerechtfertigt ist. Auch wenn die Senkung der Zinsen eine durchaus hilfreiche Entlastung für viele EU-Staaten darstellt, birgt die Zerschlagung der Disziplin an den Kapitalmärkten doch erhebliche Risiken.

Dieser Schritt belohnt Staaten, die übermäßige Schulden angehäuft haben, und bestraft die, die sich um eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und um tragfähige öffentliche Finanzen bemühen. Außerdem werden politische Konflikte innerhalb der Eurozone geschürt, da in Staaten wie Deutschland die Sorge wächst, die Kosten der laxen Fiskalpolitik anderer Staaten tragen zu müssen. Einzelne Mitglieder der Eurozone werden von den Kapitalmärkten nicht mehr ihrer Fiskalpolitik entsprechend bewertet, weder positiv noch negativ.

Welche Möglichkeiten bestehen also, um alte Fehler in Europa zu vermeiden? Gemeinsam mit Friedrich Heinemann habe ich deshalb den Vorschlag entwickelt, eine neue Form von nachrangigen Staatsanleihen (sogenannten Junior Bonds) einzuführen, die wir als "Accountability Bonds" bezeichnen. Dadurch soll eine Situation wiederhergestellt werden, die es Märkten erlaubt, einzelne Staaten vor dem Hintergrund ihrer eigenen finanz- und wirtschaftspolitischen Entscheidungen zu bewerten. "Accountability Bonds" unterscheiden sich nun von vorrangigen Anleihen durch folgende Merkmale.

Erstens würden sie von Staatsanleihekäufen durch die EZB ausgeschlossen sein. Zweitens würden "Accountability Bonds" nicht mehr bedient werden, sobald der emittierende Staat sich entweder in ein Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) begibt oder seine Schuldenstandsquote eine festgelegte Grenze überschreitet, die bei 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angesetzt werden könnte. Befristete Ausnahmen von der Schuldenstandsregelung könnten Staaten gewährt werden, deren aktuelle Schuldenstände höher liegen.

Jede Regierung in der Eurozone wäre unter bestimmten Bedingungen verpflichtet, einen Teil ihrer Schulden in Form von nachrangigen Anleihen zu emittieren. Die Höhe könnte davon abhängig gemacht werden, inwieweit der jeweilige Staat den Fiskalregeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) nachkommt. Staaten, deren Schuldenstandsquote unter 60 Prozent liegt und deren Haushaltsdefizit weniger als drei Prozent beträgt, wären von der Ausgabepflicht nachrangiger Anleihen vollständig befreit. Von Mitgliedstaaten mit einer Schuldenstandsquote von mehr als 60 Prozent würde erwartet, ihre Referenzwertüberschreitung um mindestens 1/20 pro Jahr zu reduzieren, wie es der SWP vorsieht.

Falls die im Rahmen des SWP vereinbarten Defizitgrenzen überschritten werden, könnten die betroffenen Staaten dazu verpflichtet werden, einen Teil der überschießenden Neuverschuldung in Form von nachrangigen Anleihen zu emittieren. Das würde bedeuten, dass die Staaten zumindest einen Teil der impliziten finanziellen Unterstützung ihrer Überschuldung verlieren würden, die im Rahmen der derzeitigen impliziten Schuldenvergemeinschaftung in der Eurozone gewährt wird. Anleger, die in Accountability Bonds investieren, würden erhebliche Risikoprämien auf ihr Engagement verlangen. Dieses System würde also den reformierten SWP durch automatische marktbasierte Sanktionen ergänzen. Übermäßige Defizite würden sofort zu Zinsaufschlägen führen.

Durch die Politik der EZB ist das Ausmaß der Schuldenvergemeinschaftung innerhalb der Eurozone um ein Vielfaches gestiegen. Mit dem Konzept der „Accountability Bonds“ wird das Ziel verfolgt, das Ausmaß der gemeinsamen Haftung einzudämmen und wieder angemessene Anreize für eine nachhaltige Fiskalpolitik zu schaffen, ohne die Märkte für Staatsanleihen insgesamt zu destabilisieren.

Dieser Beitrag ist zuerst in einer längeren Fassung auf der Internetseite des europäischen Nachrichtenportals EurActiv erschienen und hier abrufbar.