Das Signal, das Donald Trump mit seiner Entscheidung sendet, ist fatal

Nachgefragt

Das von fast 200 Staaten unterzeichnete Pariser Abkommen ist ein Meilenstein für den weltweiten Klimaschutz. Zuletzt hatte US-Präsident Donald Trump den Ausstieg seines Landes aus dem Vertrag erklärt. Die Europäische Union glaubt weiterhin an die Umsetzung des Klimapakts und will ihre Ziele übererfüllen. ZEW-Umweltökonom Sebastian Voigt äußert sich zu den potenziellen Auswirkungen des Ausstiegs der USA sowie den daraus resultierenden Konsequenzen für die globale Klimapolitik.

Die Reaktionen auf Donald Trumps Entscheidung aus dem Klimaabkommen auszusteigen, reichen von „sehr problematisch“ bis „halb so wild“. Wie ist Ihre Einschätzung?

Da bin ich gespaltener Ansicht. Es ist richtig, dass eine große Anzahl von US-Bundesstaaten und Kommunen an ihren selbstgesetzten Klimaschutzzielen festhalten wollen. Zudem sind auch viele Unternehmen an Maßnahmen gegen den Klimawandel interessiert, auch weil sie von sinkenden Energiekosten profitieren würden. Es wird sich erst zeigen müssen, ob die im Pariser Abkommen getroffenen Zusagen trotz Trumps Entscheidung zumindest teilweise erreicht werden. Dennoch ist das Signal, das der US-Präsident sendet, in jeder Hinsicht fatal. In den kommenden Jahren werden die Vereinigten Staaten in der internationalen Klimapolitik auf höchster Ebene ausfallen – und sind weiter­hin der zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen weltweit.

Ergibt sich aus dem US-Ausstieg eine engere Zusammenarbeit zwischen Europa und China?

Ich rechne persönlich nicht damit, dass es eine Zusammenarbeit in Form von bilateralen staatlichen Verträgen geben wird, die formell über das Paris-Abkommen hinausgeht. Dennoch wird es zum Beispiel auf der wirtschaftlichen Ebene stärkere Kooperationen geben, die eng mit klimapolitischen Themen verschränkt sind. Schon jetzt beobachten wir dies beispielsweise bei der Photovoltaik oder der Elektromobilität. Auch im wissenschaftlichen Bereich, etwa beim Wissens- und Erfahrungstransfer mit Blick auf den Emissionshandel, gibt es bereits Kooperationen, die mit Forschungsgeldern der EU unterstützt werden. Ich gehe davon aus, dass eine Zusammenarbeit dieser Art in Zukunft zunehmen könnte.

China hat eine klimapolitische Kehrtwende hingelegt. Wird das Reich der Mitte jetzt zum klimapolitischen Musterknaben?

So weit würde ich nicht gehen. Zum einen sind die klima­politischen Ambitionen auch ein Nebeneffekt der Bemühungen um eine Reduktion der extremen Luftverschmutzung in China. Diese beeinträchtigt die lokale Bevölkerung und kann für die chinesische Regierung zu einem innenpolitischen Problem werden. Da das Smog-Problem zu einem großen Teil aus dem Abbau und der Verbrennung von Kohle resultiert, sind Einsparungen hier unausweichlich. Zum anderen gibt es auch handfeste ökonomische Gründe für eine strengere Klima- und Energiepolitik: die Verringerung der Energiekosten und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Unabhängig von den Beweggründen erhalten wir nichtsdestotrotz Verbesserungen im Verhältnis zur aktuellen Situation. Ich würde nur nicht von einem Musterknaben sprechen, übrigens auch nicht im Falle Europas.

Welche Schritte muss die EU denn nun im Kampf gegen den Klima­wandel gehen?

Die EU hat ja bereits einen Fahrplan bis zum Jahr 2050 beschlossen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Einsparung der Treibhausgasemissionen, das wichtigste klimapolitische Instrument der EU ist weiterhin der Emissionshandel. Bis 2030 sollen 40 Prozent Emissionen im Vergleich zum Niveau von 1990 reduziert werden, bis 2050 mindestens 80 Prozent. Diese Ziele hätten auch gegolten, wenn das Paris-Abkommen nicht ratifiziert worden wäre. Doch gerade beim Emissionshandel besteht der größte Handlungsbedarf. Die derzeit niedrigen Preise für Emissionszertifikate sind vor allem langfristig ein Problem. Dadurch fehlen Anreize für notwendige Investitionen, zum Beispiel in energieeffizientere Technologien. Vor allem nach 2030 könnten Schwierigkeiten bei der Zielerreichung auftreten. Ein Instrument, das eine Erhöhung des CO2-Preises bewirken soll, ist die ab 2019 einzuführende Marktstabilitätsreserve. Viele Experten/-innen bezweifeln aber, dass damit ein nennenswerter Preiseffekt einhergeht. Effektiver könnte die Einführung einer CO2-Steuer sein. Dies ist aber auf EU-Ebene kaum durchsetzbar, da so ein ungewünschter Präzedenzfall für eine EU-Steuer geschaffen würde. Die EU muss also andere Wege finden, um höhere Anreize für Investitionen zur Erreichung der ambitionierten Klima­schutzziele zu setzen.