Finanzkrise wirkt sich kaum auf Einkommen und Vermögen in Deutschland aus

Forschung

Der Anteil vermögender Haushalte in Deutschland ist eher gering ist, jedoch verfügen die reichen Haushalte im internationalen Vergleich über ein relativ großes Vermögen.

Weder die Finanzkrise von 2008 noch die darauffolgende Wirtschaftskrise haben sich merklich auf die Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland ausgewirkt. Obwohl im Zuge der Krise die Einkommensungleichheit leicht sank und das Armutsrisiko leicht stieg, waren diese Veränderungen minimal. Auch die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Vermögensverteilung waren gering: Die Vermögen in Deutschland insgesamt sind weiterhin relativ ungleich verteilt. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, dem Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (IAW), Tübingen und der Universität Tübingen, die im Rahmen des Gutachtens zur Analyse der Verteilung von Einkommen und Vermögen (AVEV) im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales entstand.

Die Wissenschaftler werteten Daten des Sozio-Ökonomischen Panels (SOEP) und der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) zur Verteilungsentwicklung von Einkommen und Vermögen zwischen den Jahren 2005 bis 2011 aus. Veränderungen des Arbeitsmarkts, der demografischen Zusammensetzung der Bevölkerung und der Ausgestaltung des Steuer- und Transfersystems hatten keine nennenswerten Effekte auf die Verteilung.

Die Verteilung der Nettoäquivalenzeinkommen, also der bedarfsgewichteten Haushaltseinkommen, hat sich trotz Finanz- und Wirtschaftskrise zwischen 2005 und 2011 relativ stabil entwickelt. Eine ausschließliche Betrachtung der jährlichen Haushaltsarbeitseinkommen zeigt sogar, dass nach 2006 der Trend zu steigender Ungleichheit gestoppt wurde. Auch der Einfluss der Finanzkrise auf deutsche Haushaltsvermögen war eher gering. Zwar gehen in der Zeit nach der Finanzkrise die Vermögensungleichheit und -konzentration in Deutschland etwas zurück, dennoch sind die Vermögen in Deutschlandweiterhin eher ungleich verteilt.

Ergebnisse der Studie zur allgemeinen Vermögensentwicklung in Deutschland legen nahe, dass besonders am oberen Rand der Verteilung, bei 5,4 Prozent der Haushalte in Deutschland, die Vermögen stärker konzentriert sind. Im Schnitt verfügt nur rund die Hälfte der Haushalte über ein Nettovermögen von mehr als 32.000 Euro.

Der Anteil der besitzlosen Haushalte hat außerdem zwischen 2003 und 2013 deutlich zugenommen: 2003 lag deren Anteil bei 14 Prozent; 2013 bei 19,5 Prozent. Noch dramatischer entwickelte sich der Anteil der verschuldeten Haushalte, der sich von 6,6 auf 11,5 Prozent beinahe verdoppelte.

Vermögen in Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin sehr konzentriert

Die Wissenschaftler betrachteten zudem das Nettovermögen deutscher Haushalte im internationalen Vergleich. "Insbesondere mittlere Haushaltsvermögen in Deutschland sind deutlich niedriger als in anderen europäischen Ländern. Sowohl direkte Nachbarländer wie Frankreich und Belgien, aber auch Spanien verfügen über ein höheres mittleres Haushaltsnettovermögen", sagt Martin Ungerer, Wissenschaftler in der ZEW-Forschungsgruppe "Internationale Verteilungsanalysen" und Studienautor.

Darüber hinaus liefert die Studie Hinweise für eine weiterhin starke ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland im internationalen Vergleich. Darauf  deuten ein hoher Gini-Koeffizient, als  Maß für die Ungleichverteilung, sowie eine große Diskrepanz zwischen geringen und großen Vermögen hin. "Gerade Haushalte, die über ein relativ großes Vermögen verfügen, konzentrieren sich auf eine kleine Gruppe in Deutschland. Während der Anteil vermögender Haushalte  in Deutschland eher gering ist, verfügen die reichen Haushalte im internationalen Vergleich über ein relativ großes Vermögen", so Ungerer.

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Martin Ungerer, Telefon 0621 1235-303, E-Mail ungerer@zew.de

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Dr. Martin Streng
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