In den meisten Industrieländern kann ein deutlicher Rückgang des Produktivitätswachstums in den letzten 15 Jahren – spätestens jedoch seit der Finanz- und Wirtschaftskrise – beobachtet werden. Dies hat zu einer Debatte im internationalen Raum geführt, in die sich internationale Organisationen (OECD 2015, The Future of Productivity) und Wissenschaftler (Bloom et al. 2017, Are Ideas harder to find?) eingebracht haben. Einige Experten deuten dieses Phänomen als säkulare Stagnation, das Durchlaufen einer technologischen Interimsphase, Indiz für ausgeschöpfte Potentiale der Basistechnologien oder als steigende Adaptionsprobleme technologischer Neuerungen. Andere Experten verweisen auf statistische Messprobleme und erinnern an Solows berühmten Satz „You can see the computer age everywhere but in the productivity statistics”, der als Produktivitätsparadox bekannt wurde.
Deutschland zählt zu den führenden Innovationsstandorten in Europa. Das 3%-Ziel konnte jüngst nahezu realisiert werden und weitgehend alle makroökonomischen Kennzahlen belegen den internationalen Erfolg des deutschen Innovationssystems. Aber auch in Deutschland beobachten wir einen Rückgang des Wachstums der Arbeits- und der totalen Faktorproduktivität. Die Innovatorenquote und die Anzahl technologieorientierter Gründungen sinken. Einzelne Unternehmen reagieren auf die Entwicklungen in ganz unterschiedlicher Weise: Manche Unternehmen steigern ihre Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsausgaben erheblich während andere sich aus diesen Aktivitäten zurückziehen oder sich auf einzelne Phasen im Innovationsprozess spezialisieren. Dies verengt das Spektrum der zukünftig aktivierbaren technologischen Potentiale. „Hidden Champions“ überdecken das nachlassende Innovationspotential vieler mittelständischer Unternehmen.
Sind also die oben skizzierten Entwicklungen die Resultate vielfältiger Messprobleme bei der Erfassung von Innovationen, der Forschung und Entwicklung sowie der Investitionen in neue Technologien? Spiegeln die etablierten Messansätze deren Outputs bzw. Outcomes adäquat wider? Oder deuten die verfügbaren Indikatoren tatsächlich auf aktuelle Defizite Deutschlands und damit auf eine nachlassende Innovationsdynamik in der Zukunft hin? Welche Herausforderungen spiegeln sich in der etablierten Indikatorik wider? Worin genau bestehen Defizite? Wie könnte den vorhandenen Defiziten in der Messung begegnet werden? Und messen wir überhaupt das Richtige?
Neben der Indikatorik, ihren Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten stehen insbesondere die hinter den beobachteten Entwicklungen liegenden Ursachen im Blickfeld. Hierzu sollen unterschiedliche Lösungsansätze diskutiert werden. Die Veranstaltung wirft daher auch andere Fragen auf: Welche innovationspolitischen Instrumente und Konzepte sollten zum Einsatz kommen, um aufgezeigte Defizite zu bekämpfen? Welche Erfahrungen liegen bereits zu neuen Instrumenten vor? Und wie kann die Wirkung dieser gemessen werden?
Der Workshop hat zum Ziel, die vorliegenden Diagnosen zu bewerten und zu diskutieren. Ausgewählte Experten legen mit kurzen Impulsreferaten die Basis für die Diskussionen zwischen den Mitgliedern des Panels und dem eingeladenen sachkundigen Publikum.