Zur Zukunft des globalen Klimaschutzes - Klimaschutz setzt stärker auf nationale Politiken
NachgefragtZEW-Umweltökonom Prof. Dr. Andreas Löschel stellte auf der jüngsten Weltklimakonferenz in Warschau wissenschaftliche Ergebnisse zu klimapolitischen Forschungsprojekten des ZEW vor. Im Interview erläutert er, warum er einen hybriden Ansatz in der Klimapolitik für sinnvoll hält.
Als Wissenschaftler hatten Sie Gelegenheit, an der UN-Klimakonferenz in Warschau teilzunehmen. Die Konferenz wurde mit viel Kritik begleitet. War Warschau tatsächlich ein Mißerfolg?
In Warschau ist es gelungen, die Themen und den Fahrplan für ein neues umfassendes Klimaabkommen festzulegen, das in zwei Jahren in Paris verabschiedet werden und dann ab 2020 das Kioto-Protokoll ersetzen soll. Nach Jahren des Stillstands bei den internationalen Klimaverhandlungen erscheint das schon als Erfolg. Im Rahmen des neuen Protokolls sollen erstmals alle Staaten in den internationalen Klimaschutz eingebunden werden, also nicht nur die USA, sondern auch aufstrebende Staaten wie China, Indien und Brasilien. Dies ist erforderlich, da nur so der Klimawandel überhaupt effektiv angegangen werden kann. Dazu ist es aber notwendig, die alte Zweiteilung - hier die Industrieländer mit Reduktionsverpflichtungen, dort die Entwicklungsländer ohne Verpflichtungen - aufzulösen. Denn diese Einteilung verhinderte in der Vergangenheit fast jeden Fortschritt, stimmt von der ökonomischen Leistungsfähigkeit her nur noch bedingt und lässt einen Großteil der günstigen Vermeidungspotenziale und Emissionen außen vor: China hat heute bereits höhere CO2- Emissionen pro Kopf als die EU und es könnte in zehn Jahren die USA nicht nur bei den Pro-Kopf-Emissionen überholen, sondern auch bei den kumulierten Emissionen seit Mitte des 19. Jahrhunderts.
Seit dem Scheitern des Klimagipfels in Kopenhagen 2008 ist es nicht gelungen, für alle Staaten geltende Klimaschutzziele verbindlich festzulegen. Ist dieses Ziel zu hoch gesteckt?
Der Ansatz, verbindliche Verpflichtungen ausgehend von bestimmten globalen Zielen top-down herunter zu brechen, ist kolossal gescheitert. Die europäische und auch deutsche Idee, allen Ländern vorzugeben, was sie aus moralischer Sicht tun sollten, konnte nicht gelingen. Klimaschutz ist ein globales öffentliches Gut: Emissionsminderungen eines Staates kommen allen zugute und es besteht ein hoher Anreiz, sich als Freifahrer zu verhalten, also vom Klimaschutz anderer zu profitieren ohne selbst aktiv zu werden. Wichtig ist zur Bekämpfung des Klimawandels also, viele Staaten zur Kooperation zu bewegen – und zwar nicht mit der ethischen Keule, sondern weil es sinnvoll ist, gemeinsam das Klimaproblem anzugehen. Dazu ist nun ein sehr sinnvoller Prozess skizziert worden: Alle Länder sollen rasch ihre jeweiligen Beiträge zur Treibhausgasminderung im Rahmen des neuen Klimaschutzabkommens einreichen. Die Verpflichtungen könnten aus nationalen Politiken und Zielsetzungen quasi bottom-up erwachsen. Der topdown Prozess könnte sich um die Überprüfung dieser nationalen Verpflichtungen und die Koordination hin zu ambitionierten Zielen kümmern. Dieser hybride Ansatz erscheint aus heutiger Sicht erfolgversprechender.