Finanzmarktexperten/-innen sehen aktive Industriepolitik eher skeptisch
ForschungFinanzmarktexperten/-innen in Deutschland stehen einer aktiveren staatlichen Industriepolitik eher zurückhaltend gegenüber und betrachten sie mehrheitlich als nicht zielführend. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim unter rund 150 Finanzmarktexperten/-innen des ZEW-Finanzmarkttest im März 2019.
Die Befragung zeigt, dass eine Mehrheit von rund 55 Prozent der Umfrageteilnehmer/innen einer aktiveren staatlichen Industriepolitik eher skeptisch gegenübersteht. Dagegen nehmen immerhin fast 43 Prozent der Experten/-innen eine positive Haltung ein und befürworten eine aktivere Industriepolitik in Deutschland. Vor dem Hintergrund der vom Bundeswirtschaftsministerium vorgestellten Nationalen Industriestrategie 2030 war den Finanzmarktexperten/-innen die Frage gestellt worden, ob es in Deutschland eine aktivere Industriepolitik geben sollte, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen auf dem Weltmarkt zu verbessern.
Etwa drei Viertel der Befürworter einer aktiveren Industriepolitik begründen ihre Haltung damit, dass auch andere Länder aktive staatliche Industriepolitik betreiben und eine deutsche Industriepolitik ein strategisches Gegengewicht schaffen müsse. Fast 57 Prozent der Befragten halten den Schutz von Schlüsselindustrien und Schlüsselunternehmen für ein sinnvolles Ziel aktiver Industriepolitik, nur knapp 21 Prozent beurteilen dies negativ.
Zudem wurden die Finanzmarktexperten/-innen dazu befragt, welche Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sie für sinnvoll halten und welche Industriesektoren sich als Ziel einer aktiven Industriepolitik besonders anbieten. Eine Lockerung der Fusionskontrolle wird von den Teilnehmer/innen der Umfrage nicht als geeignetes Instrument angesehen. Jeweils ein Drittel sieht entweder keinen Effekt einer solchen Maßnahme auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft oder geht von einer positiven oder negativen Wirkung aus. Stärkere positive Wirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit werden bei Subventionen für ausgewählte Industriesektoren angenommen. Insbesondere Subventionen für den Bereich der Künstlichen Intelligenz werden positiv gesehen, davon gehen zwei Drittel der Experten/-innen aus.
„Obwohl eine Mehrheit der Experten/-innen eine aktive Industriepolitik auf Kosten des Wettbewerbs eher ablehnt, werden ausgewählte, strategisch ausgerichtete Maßnahmen durchaus positiv gesehen. Der von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ausgegebenen Industriestrategie ist daher zuzustimmen, wenn es darum geht, in die physische Infrastruktur, Breitbandausbau und E-Government in Deutschland zu investieren“, sagt ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, Ph.D.