Ausbildung bringt Betrieben Informationsvorsprung und Vorteile bei der Gewinnung von Fachkräften

Forschung

Betriebe in Deutschland werben den Unternehmen, die in die Ausbildung junger Menschen investieren, mit hohen Lohnaufschlägen die besten Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen ab. So oder ähnlich ist es immer wieder zu hören. Dass diese These so nicht stimmt, zeigt eine aktuelle Studie am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim.

Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Ausbildungsbetriebe oftmals die besten Ausbildungsabsolventinnen und -absolventen halten können, weil sie nicht nur deren Zeugnisnoten kennen, sondern auch deren Persönlichkeit und soziale Kompetenz weitaus besser einzuschätzen wissen als die an Abwerbung interessierte Konkurrenz. Die betriebliche Ausbildung sichert den Betrieben aktuelles Wissen und die Verfügbarkeit junger Fachkräfte. Daher sind Ausbildungsbetriebe daran interessiert, ihre besten Ausbildungsabsolventen an sich zu binden. Da Auszubildende aussagekräftige und glaubwürdige Abschlusszeugnisse von Berufsschulen und Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern erhalten, ist allerdings auch für konkurrierende Unternehmen die Verlockung groß, Absolventen mit besonders guten Ausbildungsnoten abzuwerben. Die Studie des ZEW zeigt nun, dass die Unternehmen damit nur bedingt erfolgreich sind. So gelingt es ausbildenden Betrieben im Durchschnitt durchaus, ihre Absolventen mit den besten Abschlussnoten an sich zu binden.

"Dass viele der besten Absolventen im Ausbildungsbetrieb verbleiben, liegt daran, dass diese Unternehmen trotz der aussagekräftigen Zeugnisse mehr über die Fähigkeiten und Fertigkeiten ihrer Ausbildungsabsolventen wissen, als konkurrierende Betriebe", sagt Thomas Zwick, Forschungsprofessor am ZEW und Professor an der Universität Würzburg. Zwar sind Betriebe, die fremde Ausbildungsabsolventen einstellen, bereit für gute Abschlussnoten einen Lohnaufschlag zu zahlen. Allerdings weisen die Noten der Ausbildungszeugnisse hauptsächlich kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten aus. Soziale Fähigkeiten, wie etwa ein Talent dafür, ein gutes Verhältnis zu Kunden und Kollegen aufzubauen oder Teamfähigkeit, werden nicht geprüft und in den Zeugnissen auch nicht ausgewiesen.

Somit weiß der Ausbildungsbetrieb sehr viel genauer, was ein Absolvent tatsächlich wert ist, und legt vor allem dort beim angebotenen Einstiegsgehalt zu, wo nicht nur die Noten stimmen, sondern zusätzlich auch noch die Softskills. Unternehmen, die selbst nicht ausbilden, haben diesen Vorteil nicht. Sie vermögen die sozialen Fähigkeiten potenzieller Mitarbeiter beispielsweise im Vorstellungsgespräch nur unzureichend zu beobachten. Zu einem überdurchschnittlichen Lohnangebot aufgrund des Wissens um überdurchschnittliche soziale Fähigkeiten kommt es daher nicht. Letztlich führt der Informationsvorsprung ausbildender Betriebe dazu, dass sie junge, selbst ausgebildete Fachkräfte mit höheren sozialen Fähigkeiten an sich binden können. Da soziale Fähigkeiten positiv mit anderen Fähigkeiten korreliert sind, haben die übernommenen Absolventen im Durchschnitt dann auch höhere kognitiven Fähigkeiten und eine bessere Schulbildung.

Die Ergebnisse der ZEW-Studie basieren auf Analysen des Ausbildungspanels Saar. Dieser Datensatz verknüpft die Abschlussnoten der Ausbildung und weiterer von den Kammern erhobenen beruflichen und individuellen Charakteristiken mit amtlichen Sozialversicherungsdaten zu beispielsweise Einkommen, Karrierecharakteristiken und Arbeitgebercharakteristiken. Hierbei werden alle gut 20.000 Absolventen der Jahre 1998 bis 2005 im Saarland erfasst.

Für Rückfragen zum Inhalt

Prof. Dr. Thomas Zwick, (ZEW und Universität Würzburg), Telefon 0931/31 82755 , E-Mail thomas.zwick@uni-wuerzburg.de

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