Mehr Unternehmensfusionen nach Zusammenbruch von Kartellen

Forschung

Nach dem Zusammenbruch von Kartellen fusionieren in den folgenden drei Jahren deutlich mehr Unternehmen als in den drei Jahren, die dem Zusammenbruch vorausgehen. Diesen Zusammenhang hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim nun in einer aktuellen Studie belegt. So steigt die Anzahl der weltweiten Unternehmenszusammenschlüsse nach einem Kartellzusammenbruch um bis zu 51 Prozent, vergleicht man auf Branchenebene die drei Jahre vor und nach dem Zusammenbruch. In den drei Jahren vor Kartellzusammenbrüchen gab es demnach weltweit 696 Unternehmensfusionen in den in die Studie einbezogenen Branchen, in den drei Jahren danach 1.052. Werden ausschließlich horizontale Fusionen betrachtet, das heißt Zusammenschlüsse von Unternehmen der gleichen Produktionsstufe, steigt die Anzahl der weltweiten Fusionen sogar um bis zu 83 Prozent. Hier handelte es sich um einen Anstieg von 196 auf 359 Fusionen weltweit.

Des Weiteren hat das ZEW die Zahlen für Fusionen mit Beteiligung eines europäischen Unternehmens sowie für Fusionen mit Beteiligung von ausschließlich europäischen Unternehmen betrachtet. Auch hier sind die Anstiege klar zu erkennen, aber nicht so deutlich ausgeprägt wie für weltweite Fusionen.

Die Ergebnisse der ZEW-Studie legen den Wettbewerbsbehörden nahe zu bedenken, dass Fusionen für die beteiligten Unternehmen möglicherweise die "second best"-Alternative zum gerade zusammengebrochenen Kartell sein könnten. Ehemalige Kartellmitglieder könnten daher systematisch versuchen, die durch den Kartellzusammenbruch verloren gegangene Marktmacht über das vermehrte Eingehen von Fusionen wieder zu erlangen. Weiterhin weist die ZEW-Analyse darauf hin, dass es notwendig sein kann, Ressourcen in Wettbewerbsbehörden, Kanzleien und ökonomischen Beratungsgesellschaften umzuschichten oder sogar aufzustocken, um den Anstieg der Fusionsfälle im zur Verfügung stehenden Zeitrahmen zu bewältigen.

Für seine Analyse verwendet das ZEW zwei Datensätze. Der erste Datensatz umfasst alle Kartellfälle, die die Europäische Kommission in den Jahren 2000 bis 2011 bearbeitet hat. Er enthält fallspezifische Informationen – etwa den Kartelltyp, die Dauer des Kartells oder die Anzahl der beteiligten Unternehmen – sowie firmenspezifische Informationen wie etwa die Länge der Kartellmitgliedschaft oder die Höhe der Strafzahlungen. Dieser Datensatz beinhaltet Informationen zu 73 Kartellfällen der EU-Kommission und 464 Kartellmitgliedern. Es konnten jedoch lediglich 22 dieser Kartelle betrachtet werden, da sich in vielen Branchen Kartelle zeitlich überlappten und hier der Einfluss eines einzigen Kartellzusammenbruchs nicht mehr untersucht werden konnte oder aber nur eine unzureichende Anzahl an Beobachtungen zur Verfügung stand.

Beim zweiten Datensatz handelt es sich um den ZEPHYR Datensatz von Bureau van Dijk, der Informationen zu weltweiten Fusionen und Übernahmen beinhaltet, beispielsweise zur Art der Fusion, dem Transaktionsvolumen und den beteiligten Unternehmen. Für seine Analysen filterte das ZEW 5.244 Unternehmen aus 24 Branchen heraus.

Kartellabsprachen zwischen Wettbewerbern zielen typischerweise darauf ab, den Wettbewerb zu verringern und gleichzeitig die Unternehmensgewinne zu steigern. Dazu treffen zwei oder mehrere Unternehmen Absprachen etwa hinsichtlich Preisen, Auftragsvergabe oder Outputquoten. Da solche Vereinbarungen ökonomischen Schaden anrichten, beispielsweise in Form höherer Preise oder geringerer Innovationsaktivitäten, stellen sie einen schweren Verstoß gegen die Kartellgesetze dar.

Bei Fusionen verschmelzen zwei oder mehrere Unternehmen zu einem neuen Unternehmen mit dem Ziel, Verbundvorteile zu nutzen und die Gewinne zu steigern. Man unterscheidet drei Formen von Fusionen: Bei horizontalen Fusionen schließen sich Unternehmen der gleichen Produktionsstufe zusammen, bei vertikalen Fusionen Unternehmen vor- oder nachgelagerter Produktionsstufen und bei konglomeraten Fusionen Unternehmen verschiedener Produktionsstufen und Branchen.

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Florian Smuda, Telefon  0621/1235-233, E-Mail smuda@zew.de

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