Die Neuregelung des Stromeinspeisungsgesetzes ist eine Übergangslösung
ForschungDer Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen für ein Erneuerbare-Energien-Gesetz greift viele Kritikpunkte der Erneuerbare-Energien-Verbände und der Energieversorgungsunternehmen gegen das geltende Stromeinspeisungsgesetz auf. Sowohl aus ordnungspolitischer Sicht als auch vor dem Hintergrund europarechtlicher und verfassungsrechtlicher Bedenken kann es sich bei einer entsprechenden Umsetzung des derzeitigen Entwurfs jedoch nur um eine Übergangslösung handeln.
Die bestehenden Regelungen des Stromeinspeisungsgesetzes (StrEG) weisen eine Vielzahl von Unzulänglichkeiten auf. Sie machen eine Reform des Gesetzes notwendig. Insbesondere die Härteklausel zum Schutz vor zu hohen finanziellen Lasten der abnahme- und vergütungspflichtigen Netzbetreiber ist problematisch. Sie hat sich als faktische Begrenzung für den Zubau erneuerbarer Energien erwiesen.
Die Härteklausel beschränkt die Aufnahmepflicht für Strom aus erneuerbaren Energien auf fünf Prozent des Stromabsatzes eines Verbundunternehmens. PreussenElektra hatte Mitte 1999 gemeldet, dass diese Grenze in Kürze erreicht sei. Damit drohte der Ausbau der Windenergie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zum Erliegen zu kommen. Eine Förderung der Windenergie und anderer erneuerbarer Energien ist jedoch weiterhin notwendig. Im Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen zu einem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das an die Stellte des StrEG treten soll, entfällt daher diese Deckelung. Stattdessen ist eine Verpflichtung der Verbundnetzbetreiber zum Lastenausgleich vorgesehen. Sie hat zum Ziel, Wettbewerbsnachteile einzelner Verbundunternehmen durch die ungleiche Verteilung der Potentiale für erneuerbare Energien auszugleichen. Auf diese Weise werden einerseits diejenigen Unternehmen entlastet, welche bisher unter der regional unterschiedlichen Verteilung der Belastungen durch das Stromeinspeisungsgesetz zu leiden hatten. Andererseits wird dadurch der Kritik der Erneuerbare-Energien-Verbände Rechnung getragen, dass die fünf Prozent Klausel einer Ausbaubegrenzung für grünen Strom gleich kommt. Auch den Stromversorgern kommt das neue Gesetz entgegen. Grundsätzlich haben sie künftig ebenfalls die Möglichkeit, Strom nach den Vergütungsregeln des EEG einzuspeisen.
Bei der Höhe und der Festlegung der Vergütung berücksichtigt das Gesetz sehr deutlich die Interessen der Wind- und Sonnenenergielobby. Die Vergütungssätze nach StrEG hatten sich bisher an den Durchschnittserlösen der Stromversorger orientiert. Durch die Strommarktliberalisierung und den sich anschließenden Preisverfall in den vergangenen Monaten ist abzusehen, dass sich die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien entsprechend reduziert. Im Gesetzesentwurf sind daher für die Zukunft feste Vergütungsbeträge je Kilowattstunde grünen Stroms vorgesehen. Inwieweit deren Höhe angemessen ist, wird in einem Zweijahresturnus durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie überprüft. Die Vergütungssätze wurden zudem an die Kostensituationen der einzelnen Technologien angepasst. Am drastischsten zeigt sich dies bei der Photovoltaik, die künftig mit 99 Pfennigen je Kilowattstunde statt bisher etwa 17 Pfennigen vergütet wird.
Obwohl im Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen viele Bedenken gegenüber dem Stromeinspeisungsgesetz aufgegriffen wurden, bestehen die konzeptionellen Probleme des StrEG im Erneuerbaren-Energien-Gesetz fort. Forschungsarbeiten am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim kommen zu dem Ergebnis, dass insbesondere die Lastenausgleichspflicht der Verbundnetzbetreiber den Charakter einer dauerhaften Sonderabgabe hat. Finanzverfassungsrechtlich ist sie daher nicht zu rechtfertigen.
Aus ordnungspolitischer Sicht wiederum ist eine Garantiepreisregelung zur Förderung erneuerbarer Energien generell fragwürdig. Preisgarantien wirken wie Subventionen, denen allgemein lediglich eine geringe Anreizwirkung zur Entwicklung kostengünstiger Technologien unterstellt werden. Und tatsächlich erhalten Betreiber von Windkraftanlagen in der Bundesrepublik im europäischen Vergleich sehr hohe Vergütungen. Verschiedene Richtlinienentwürfe der Europäischen Kommission zur Harmonisierung der Fördermechanismen für erneuerbare Energien haben die Vorbehalte der Kommission gegen Garantiepreisregelungen deutlich werden lassen. Eine von der Kommission ins Auge gefasste Möglichkeit, gegen zu hohe nationale Subventionen anzugehen, besteht darin, ab dem Jahr 2010 die nationalen Förderinstrumente in der Europäischen Union für alle Mitgliedstaaten zu öffnen. Spätestens dann würde eine Regelung im Sinne des Gesetzesentwurfs der Regierungsfraktionen an ihre (finanziellen) Grenzen stoßen. Betreiber von Windparks in Dänemark und Biomasseanlagen in Schweden würden dann mit hoher Wahrscheinlichkeit Strom in großen Mengen nach Deutschland exportieren und dafür nach den vergleichsweise hohen Sätzen des EEG vergütet. Die damit einhergehenden Kosten würden auf die deutschen Netznutzungsgebühren umgelegt und belasteten letztlich die deutschen Verbraucher. Vor dem Hintergrund dieser europäischen Entwicklungen ist es nicht verwunderlich, dass viele EU-Mitgliedstaaten dazu übergegangen sind, Strom aus erneuerbaren Energien mit Hilfe einer Quotenregelung zu fördern. In Italien, Dänemark, Belgien und den Niederlanden müssen Erzeuger, Endverbraucher oder Stromlieferanten eine bestimmte Quote ihres Strombezugs bzw. ihres Stromabsatzes mit erneuerbaren Energien abdecken. Bei solchen Quotenmodellen erhalten die Produzenten von grünem Strom in der Regel ein (grünes) Zertifikat über die von ihnen erzeugten Strommengen, das sie dann wieder an die Quotenverpflichteten verkaufen. Die Effizienz der Quotenerfüllung kann über den Handel mit solchen grünen Zertifikaten gesichert werden, da in solchen Fördersystemen ein ständiger Druck zur Kostenreduktion auf der Erzeugerseite herrscht. Auf Dauer ist bei einer Quotenregelung daher mit geringeren Kosten der Förderung und einer früheren Marktreife erneuerbarer Energien zu rechnen als bei einer Garantiepreisregelung. Darüber hinaus steht das Konzept der grünen Zertifikate im Einklang mit dem Wunsch der Kommission nach handelsorientierten Förderkonzepten.
Die großen Stromkonzerne in Europa haben die Vorteile dieses Konzepts erkannt und versuchen im Rahmen einer gemeinsamen Initiative (RECS - Renewable Energy Certificate System) die Kriterien für die Vergabe grüner Zertifikate zu standardisieren und Erfahrungen mit deren Handel zu sammeln. Die großen deutschen Stromkonzerne gehören ebenfalls dieser Initiative an. Aufgrund der Regierungspolitik, welche marktkonforme Mechanismen ablehnt, droht diesen Unternehmen jedoch die Isolierung innerhalb der RECS-Initiative. Das kann mittelfristig zu Wettbewerbsnachteilen im europäischen Strombinnenmarkt führen.
Durch die sehr großzügigen Vergütungssätze kann jetzt schon als gesichert gelten, dass das EEG sehr erfolgreich im Sinne des Zubaus von erneuerbaren Energien sein wird. Damit steht jedoch ebenso fest, dass für die Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland erhebliche Summen aufgebracht werden müssen, die laut Gesetz auf die Netznutzungsgebühr der Verbundnetzbetreiber umgelegt werden. In der Folge ist zu befürchten, dass günstigen Anbietern aus dem Ausland aufgrund der hohen Netzgebühren der Zugang zum deutschen Elektrizitätsmarkt erschwert wird. Die Idee eines europäischen Binnenmarkts wird dadurch jedoch über Bord geworfen. Es ist daher zu erwarten, dass die Europäische Kommission das EEG, wie es im Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen vorgeschlagen wird, nicht dauerhaft tolerieren wird. Sollte das Gesetz in der vorliegenden Form verabschiedet werden, ist bereits heute abzusehen, dass es sich nur um eine Übergangslösung handeln kann.
Ansprechpartner
Wolfgang Bräuer, E-Mail: braeuer@zew.de