Verhaltener Jahresauftakt bei den unternehmensnahen Dienstleistern
ForschungDer seit Mitte 1999 anhaltende Aufschwung bei den unternehmensnahen Dienstleistern hat sich im ersten Quartal 2000 im Vergleich zum Vorquartal leicht abgeschwächt. So beträgt das saisonbereinigte jährliche Umsatzwachstum im ersten Quartal 2000 rund 4,2 Prozent. Damit liegt es 0,7 Prozentpunkte unter dem Wert des letzten Quartals 1999. Vor allem in Ostdeutschland verringerte sich das Umsatzwachstum. Die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage der unternehmensnahen Dienstleister verlief damit parallel zur Entwicklung in der Industrie, in der zum Jahresauftakt der Zuwachs der Auftragseingänge ebenfalls eine Verschnaufpause einlegte.
Bei der von ZEW/CREDITREFORM durchgeführten Konjunkturumfrage zeigte sich auch, dass die Nachfrage bei den unternehmensnahen Dienstleistern im Vergleich zum Vorquartal leicht gefallen ist, wohingegen die Ertragslage steigende Tendenzen aufweist. Das Wachstum der Nachfrage nach Personal ist ebenfalls leicht gesunken. Dass das konjunkturelle Niveau der unternehmensnahen Dienstleister trotzdem recht hoch ist, zeigt sich bei einem Vergleich der aktuellen Werte mit denen des Vorjahresquartals, dem ersten Quartal 1999: Die aktuellen Umsatz-, Nachfrage- und Ertragseinschätzungen sind weit optimistischer als die vom ersten Quartal 1999. Auch die Zunahme der Arbeitsnachfrage ist bei den unternehmensnahen Dienstleistern im Vergleich zum Vorjahresquartal hoch. Darüber hinaus entwickelten sich die unternehmensnahen Dienstleister in Bezug auf ihre Aus- und Weiterbildungsaktivitäten in vorbildlicher Weise. Diese Ergebnisse gehen aus einer Konjunkturumfrage bei unternehmensnahen Dienstleistern hervor, die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, in Zusammenarbeit mit dem Verband der Vereine Creditreform, Neuss, im März 2000 durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Umfrage werden vierteljährlich rund 1000 Unternehmen aus folgenden Branchen befragt: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater, Architekten, technische Planer, Kfz-Vermieter, Maschinenvermieter, Speditions- und Logistikunternehmen, EDV-Dienstleister, Werbeagenturen sowie Unternehmen der Abfallwirtschaft.
Der verhaltene Jahresauftakt erscheint auf den ersten Blick erstaunlich, da der deutschen Wirtschaft seit Beginn des neuen Jahres eine deutliche Aufwärtsbewegung bescheinigt wird. Jedoch fiel der Jahresbeginn für das verarbeitende Gewerbe ebenfalls schwächer als erwartet aus. Dort lagen die Auftragseingänge unter dem Niveau des Vorquartals. Vor allem die Binnennachfrage hat im Vergleich zum Vorquartal an Schwung eingebüßt, aber auch die Höhe der Exporte hat leicht abgenommen. Die leicht pessimistische Einschätzung der unternehmensnahen Dienstleister am aktuellen Rand relativiert sich beim Vergleich mit dem Vorjahresquartals, dem ersten Quartal 1999. Das Umsatzwachstum übersteigt den Wert des Vorjahresquartals um 0,8 Prozentpunkte. Darüber hinaus sind die Erwartungen der unternehmensnahen Dienstleister für das kommende Quartal optimistisch. Sie rechnen damit, an der positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung teilhaben zu können und beurteilen ihre konjunkturellen Aussichten für das zweite Quartal 2000 als sehr gut. Die ostdeutschen Unternehmen sind bei ihren Erwartungen in Bezug auf Umsatz, Ertrag und Nachfrage zwar nicht ganz so optimistisch, aber auch sie erwarten steigende Tendenzen. Nur die Entwicklung ihres Personalbestandes sehen sie pessimistischer als ihre westdeutschen Konkurrenten.
Branchenbetrachtung
Auch im ersten Quartal 2000 waren die beiden "Boombranchen" EDV-Dienste und Unternehmensberater dafür verantwortlich, dass das konjunkturelle Niveau der unternehmensnahen Dienstleister über dem der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung lag. Beide Branchen beurteilen ihre konjunkturelle Lage als positiv. Bei den EDV-Dienstleistern berichten im ersten Quartal 2000 saisonbereinigt jedoch weniger Unternehmen von gestiegenen Umsätzen als im Vorquartal. Dafür scheinen vor allen Dingen die aufgrund des hohen Konkurrenzdrucks gefallenen Preise verantwortlich zu sein. Die Nachfrage nach EDV-Dienstleistungen wird hingegen weiterhin als gut eingeschätzt. Auch für die technischen Berater und Planer verlief das erste Quartal 2000 positiv. Zum ersten Mal seit dem ersten Quartal 1999 überwog in diesem Bereich saisonbereinigt der Anteil der Unternehmen, die höhere Umsätze erzielten, den Anteil der Unternehmen mit gesunkenen Umsätzen. Gewinner in Bezug auf das Umsatzwachstum sind die Maschinenvermieter. Dort hat sich der Saldo aus Unternehmen mit positiver und negativer Umsatzeinschätzung saisonbereinigt mehr als verdoppelt. Dies ist vermutlich auf die zunehmende Nachfrage des verarbeitenden Gewerbes nach Ausrüstungsgegenständen im Zuge der gesamtwirtschaftlichen konjunkturellen Belebung zurückzuführen. Das konjunkturelle Schlusslicht bilden auch in diesem Quartal die Architekten, bei denen der Anteil der Unternehmen, die einen gesunkenen Umsatz verzeichnen, weiter gestiegen ist. Ursache hierfür ist die weiterhin gedrückte Lage in der Bauwirtschaft, in der neben dem privaten Wohnungsbau nun auch der gewerbliche Bau wieder zur Schwäche neigt.
Starke Divergenz zwischen Ost und West
Auffallend ist die starke Diskrepanz bei den Umsatzwachstumsraten west- und ostdeutscher unternehmensnaher Dienstleister. Während der Rückgang des Umsatzwachstums in Westdeutschland mit 0,6 Prozentpunkten moderat ausfällt, ist der Rückgang in Ostdeutschland in Höhe von 2,1 Prozentpunkten ungleich stärker. Die saisonbereinigte Jahreswachstumsrate bei den ostdeutschen unternehmensnahen Dienstleistern von nur noch 0,8 Prozent erinnert an die Entwicklung Ende 1997 und Mitte 1998. Damals mussten sie ebenfalls zwei starke Einbrüche in den Umsatzwachstumsraten hinnehmen. Die im Laufe des Jahres 1999 erzielten Wachstumsraten hatten die Hoffnung auf eine Stabilisierung der konjunkturellen Entwicklung bei den Unternehmen in den neuen Bundesländern erweckt, die sich in diesem Quartal jedoch nicht bestätigt hat.
Hoher Anteil ausbildender Unternehmen
Der Anteil der unternehmensnahen Dienstleister, die in einem oder mehreren anerkannten Ausbildungsberufen ausbilden, steigt. Im ersten Quartal 2000 gaben 71 Prozent der Unternehmen dieses Wirtschaftszweiges an, auszubilden. Dieser Anteil ist somit in den vergangenen vier Jahren um rund 15 Prozentpunkte gestiegen. Spitzenreiter sind dabei die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie die Speditionen und Lagereien mit mehr als 80 Prozent an ausbildenden Unternehmen, gefolgt von den EDV-Dienstleistern (77 Prozent). Die höchste Dynamik in Bezug auf ihre Ausbildungsaktivitäten weisen die EDV-Dienstleister, Unternehmensberater sowie die Unternehmen der Abwasser- und Abfallentsorgung auf. Bei den Unternehmensberatern hat sich der Anteil ausbildender Unternehmen seit 1996 verdreifacht. Die EDV-Dienstleister haben im gleichen Zeitraum den Anteil der Unternehmen, die ausbilden, verdoppelt. Der große Zuwachs ausbildender Unternehmen bei den EDV-Dienstleistern dürfte nicht zuletzt auch auf die Schaffung neuer Berufsbilder in der Informationstechnologie (IT) und der Medienwirtschaft, wie zum Beispiel den Fachinformatiker oder den Mediengestalter, in den Jahren 1997/1998 zurückzuführen sein. Ein Drittel aller unternehmensnahen Dienstleister gaben an, 1999 im Vergleich zu den vorangegangenen drei Jahren mehr Ausbildungsplätze bereit gestellt zu haben. Bei 56 Prozent ist die Zahl der Ausbildungsplätze gleich geblieben. Neun Prozent gaben an, weniger ausgebildet zu haben. Für die kommenden drei Jahre erwartet mit 70 Prozent der Großteil der unternehmensnahen Dienstleister, dass die Anzahl ihrer Ausbildungsplätze konstant bleiben wird. Nur rund ein Viertel geht von einem Anstieg ihrer Ausbildungaktivitäten aus. Bei den EDV-Dienstleistern und Unternehmensberatern rechnen überdurchschnittlich viele Unternehmen mit zunehmenden Auszubildendenzahlen. Dabei legt dieses Ergebnis bei den EDV-Dienstleistern die Vermutung nahe, dass die Unternehmen versuchen, über eigene Ausbildungsaktivitäten den zurzeit in der Öffentlichkeit diskutierten Fachkräftemangel auszugleichen. Es zeigt aber auch, dass sich die Akzeptanz der Berufsausbildung im dualen System bei den Unternehmen erhöht hat, nachdem durch die Schaffung der neuen Berufsbilder eine bessere Ausrichtung der Ausbildung an der betrieblichen Praxis erreicht wurde. Mehr als ein Fünftel aller unternehmensnahen Dienstleister berichtet von Schwierigkeiten, geeignete Bewerber für ihre Ausbildungsplätze zu finden. Vor allem die Branche der Maschinenvermieter ist von diesem Problem betroffen: Dort gaben 46 Prozent aller Unternehmen an, nur mit Mühe geeignete Auszubildende gefunden zu haben. Im Gegensatz dazu sind die EDV-Dienstleister und die Unternehmen der Werbebranche offenbar attraktive Ausbildungsziele der Schulabsolventen. Beide Branchen verzeichneten 1999 unterdurchschnittlich viel Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsplätze.
Weiterbildungsbedarf sehr hoch
Analog zu den Ausbildungsaktivitäten entwickelten sich in den vergangenen vier Jahren die Fort- bzw. Weiterbildungsaktivitäten bei den unternehmensnahen Dienstleistern. Durchschnittlich fast 90 Prozent der Unternehmen dieses Wirtschaftszweiges sehen in ihren Unternehmen Weiterbildungsbedarf, der über die Erstausbildung hinaus geht. Hierbei sind die Unternehmensberater, die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie die EDV-Dienstleister mit mehr als 95 Prozent führend. Die unternehmensnahen Dienstleister sehen den größten Weiterbildungsbedarf bei denjenigen Mitarbeitern, deren Erstausbildung bereits einige Zeit zurückliegt und die bereits Berufserfahrung sammeln konnten (60 Prozent). Mehr als 40 Prozent der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Weiterbildungsmöglichkeiten bereits während der Erstausbildung an. Weiterbildungsmaßnahmen direkt im Anschluß an die Erstausbildung werden hingegen nur in geringem Ausmaß durchgeführt. Als Zielsetzung der Fortbildung nannten knapp 60 Prozent der Unternehmen sowohl die Erweiterung des bei der Erstausbildung erlangten Wissens als auch den Wunsch, Mitarbeiter auf eine Veränderung ihres Tätigkeitsfeldes vorzubereiten.
Qualifikationsstruktur der Mitarbeiter
Bei den unternehmensnahen Dienstleistern arbeiten im Vergleich zum verarbeitenden Gewerbe überdurchschnittlich viele hochqualifizierte Mitarbeiter. So besitzt mehr als ein Viertel aller Angestellten einen Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Dabei überwiegt der Anteil der naturwissenschaftlich-technischen Fächer den der wirtschafts-, sozial- oder geisteswissenschaftlichen Fächer. Mehr als 50 Prozent aller Mitarbeiter besitzen einen Fachschulabschluss oder einen Berufsabschluss, wohingegen lediglich 18 Prozent ohne formale Berufsausbildung sind. Die Ausstattung der Arbeitsplätze orientiert sich bei den unternehmensnahen Dienstleistern an den neuen technologischen Standards. So sind in den meisten der betrachteten Branchen fast alle Arbeitsplätze mit PCs ausgestattet. Lediglich bei den Fahrzeug- und Maschinenvermietern, den Speditionen und Lagereien sowie den Unternehmen der Abfall- und Abwasserbeseitigung ist dies nicht der Fall. Entsprechend hoch fielen im Jahr 1999 die Ausgaben für Investitionen in IT aus. Die durchschnittliche Investitionshöhe beträgt für die Gesamtheit der unternehmensnahen Dienstleister rund 35 Prozent der Bruttoinvestitionen. Erwartungsgemäß liegt dieser Anteil bei den EDV-Dienstleistern mit rund 70 Prozent noch höher. Aber auch die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie die Unternehmensberater haben einen ähnlich hohen Investitionsanteil in IT wie die EDV-Dienstleister. Relativ gering fallen demgegenüber die IT-Investitionen bei den Fahrzeug- und Maschinenvermietern, den Speditionen und Lagereien sowie den Abfall- und Abwasserentsorgern aus.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Alexandra Spitz-Oener, Telefon: 0621/1235-293, E-Mail: spitz@zew.de
Die Konjunkturumfrage von ZEW und CREDITREFORM wird seit dem zweiten Quartal 1994 vierteljährlich durchgeführt. Dabei wird ein repräsentativ ausgewählter Querschnitt von 3.500 unternehmensnahen Dienstleistern befragt. Die Stichprobe wird regelmäßig um Unternehmensneugründungen aufgefrischt. Ein Überblick über die ZEW/CREDITREFORM Konjunkturumfrage ist im Internet als PDF-Datei unter abrufbar. Allgemeine methodische Hinweise finden Sie hier. Eine Beschreibung des bei der ZEW/CREDITREFORM angewendete Hochrechnungsverfahrens findet sich hier .
Die Autorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Forschungsbereiches Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim. Das ZEW wurde im Jahr 1991 in einer gemeinsamen Initiative der baden-württembergischen Landesregierung, der Landeskreditbank Baden-Württemberg und der Universität Mannheim gegründet. Die Forschungsausrichtung liegt im einzelwirtschaftlichen Bereich, der Branchenanalyse und der Ökonometrie. Rund 70 Wissenschaftler sind am ZEW in den Forschungsbereichen Internationale Finanzmärkte, Arbeitsmärkte, Industrieökonomik, Umweltökonomik und Unternehmensbesteuerung tätig. Im Forschungsbereich Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung beschäftigen sich 26 Wissenschaftler mit dem Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft, der Entwicklung von Märkten und Regionen sowie der Analyse des Dienstleistungssektors.