Subventionen und Ordnungsrecht machen die Wärmewende unnötig teuer

Nachgefragt

Nachgefragt bei ZEW-Ökonomin Kathrine von Graevenitz

Der Gebäudesektor ist einer der größten Endenergieverbraucher und Emittenten von Kohlenstoffdioxid in Deutschland. Bis zum Jahr 2030 soll der CO2-Ausstoß in diesem Sektor von aktuell 117 Millionen Tonnen auf 72 Millionen Tonnen reduziert werden und ab 2050 bei nahezu null liegen.

Um diese Ziele zu erreichen, setzt die Bundesregierung in ihrem jüngst erarbeiteten Klimapaket auf eine Kombination von Förderprogrammen, Ordnungsrecht, einer CO2-Bepreisung sowie Informationen und Beratung. Im Interview diskutiert ZEW-Umweltökonomin Kathrine von Graevenitz, Ph.D. die Wirksamkeit dieser Maßnahmen.

Die Bundesregierung hat in ihrem Klimapaket einen CO2-Preis von zehn Euro pro Tonne ab 2021 vorgesehen, der bis zum Jahr 2025 auf 35 Euro pro Tonne steigen soll.

Sind die gesetzten Klimaziele damit zu erreichen?

Die explizite Bepreisung von CO2-Emissionen in den Sektoren Verkehr und Gebäude ist an erster Stelle begrüßenswert. Allerdings führt die Bepreisung an sich nicht automatisch dazu, dass die Ziele eingehalten werden. Ein Emissionshandelssystem mit einer strengen Deckelung würde das Reduktionsziel sicherstellen – dies ist aber für das nationale Emissionshandelssystem nicht vorgesehen. Hier soll eine Preisobergrenze ab 2026 gelten. Dadurch wird zwar die Preisunsicherheit für regulierte Akteure reduziert, aber möglicherweise auf Kosten des erklärten Ziels. Der bis 2025 vorgesehene CO2-Preis ist zudem eindeutig zu niedrig. Die Monitoring-Kommission für die Energiewende empfiehlt in ihrer aktuellen Stellungnahme einen CO2-Preis von 50 Euro und deutlich höhere Preise in der Zukunft.

Was bringen die von der Bundesregierung geplanten Subventionen von energetischen Sanierungen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen im Gebäudesektor?

Die Subventionen senken die mit einer energetischen Sanierung verbundenen Kosten. Allerdings sind Mitnahmeeffekte zu erwarten, da Hausbesitzer, die ohnehin ihre Immobilie saniert hätten, dies nun durch Zuschüsse oder steuerliche Förderungen vom Staat finanzieren. Ordnungsrechtliche Maßnahmen wie ein Verbot neuer Ölheizungen können wiederum die Kosten einer Sanierung erhöhen, was zu einem Sanierungsstau führen könnte. Zudem können in beiden Fällen oft Rebound-Effekte beobachtet werden: Durch eine effizientere Heiztechnologie wird das Heizen günstiger, was wiederum das Konsumverhalten ändern kann. So sind die tatsächlichen Einsparungen oft geringer als vorher erwartet. Die Regulierung durch förder- oder ordnungsrechtliche Instrumente ist insgesamt weniger kosteneffizient als die CO2-Bepreisung und macht die Wärmewende unnötig teuer. In einem Emissionshandelssystem sind die Kosten nicht nur die geringstmöglichen, sondern sie sind auch transparent: Die Grenzvermeidungskosten entsprechen genau den am Emissionsmarkt gebildeten CO2-Preisen. Diese Transparenz ist bei den förder- und ordnungsrechtlichen Maßnahmen nicht gegeben.

Welche Konsequenzen haben eine CO2-Bepreisung und Subventionen für Immobilienbesitzer und Mieter?

Die CO2-Bepreisung trifft Haushalte mit niedrigem Einkommen relativ härter durch erhöhte Heizkosten. Für Eigentümer gibt es die Möglichkeit, durch Investitionen die mit dem Heizen verbundenen CO2-Emissionen zu senken. Dies kann durch einen Wechsel der Energieträger, etwa von CO2-intensivem Öl auf das weniger belastende Erdgas oder durch verstärktes Dämmen geschehen. Für die Mieter bestehen diese Möglichkeiten meistens nicht. Die Mieter können nur ihr Heizverhalten anpassen, indem sie weniger heizen. Die geplanten steuerlichen Förderungen für Investitionen kommen nur den Immobilienbesitzern zugute. Damit bleiben die Mieter – was diese Entlastung angeht – außen vor. Dazu kommt, dass Immobilienbesitzer häufiger als Mieter in den höheren Einkommensschichten vertreten sind.

Gibt es Verbesserungspotenzial bei den klimapolitischen Maßnahmen für den Gebäudesektor?

Die Bundesregierung müsste die CO2-Bepreisung als das Leitinstrument der Klimapolitik etablieren. Damit wären die meisten förder- oder ordnungsrechtlichen Einzelmaßnahmen überflüssig. Zudem sollten sowohl bereits bestehende als auch die mit dem Klimaschutzprogramm 2030 neu eingeführten Maßnahmen unbedingt auf ihre tatsächliche Wirksamkeit und Kosteneffizienz systematisch überprüft werden. Dies ist aber nur möglich, wenn die entsprechenden Daten zum Sanierungs- und Heizverhalten erhoben und der Forschung bereitgestellt werden können. Fallzahlen von Fördermaßnahmen und Förderausgaben alleine reichen für eine solche Evaluation nicht aus.

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