Kartellrecht und digitale Plattformen im Fokus

Konferenzen

MaCCI-Jahreskonferenz 2023

Am 23. und 24. März 2023 fand die zwölfte Jahreskonferenz des Mannheim Centre for Competition and Innovation (MaCCI) statt. Das diesjährige Programm umfasste zwei Keynotes, eine Panel-Diskussion sowie rund 80 Vorträge in parallelen Sessions. Mit über 120 Teilnehmenden war dies die bisher größte MaCCI-Jahreskonferenz, die in Präsenz abgehalten wurde.

Der erste Konferenztag nahm verschiedene Aspekte der digitalen Wirtschaft, Fusionen sowie Marktmacht aus wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht unter die Lupe. Ein Höhepunkt war die Keynote von Niamh Dunne von der London School of Economics (LSE).

Kartellrechtliche Eingriffe zur Unterbindung von „Regulatory Gaming“

Niamh Dunne (LSE) über Regulatory Gaming-Strategien

Die erste Keynote-Rede von Prof. Niamh Dunne (London School of Economics) beschäftigte sich mit „Regulatory Gaming“-Strategien. Unter diesem Begriff versteht man die Ausnutzung von neutralen oder sogar wettbewerbsfördernden Regulierungsstrukturen zu Zwecken des Ausschlusses innerhalb einer Branche. Um die hohe Relevanz dieses Themas zu veranschaulichen, präsentierte Dunne aktuelle Fälle, die sie in drei Kategorien unterteilte: böswillige Regelkonformität, opportunistische Nichteinhaltung und koordinierte Regelkonformität. Sie nannte beispielhaft die Manipulation von regionalen Sprachvorgaben für Verpackungen zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs (böswillige Regelkonformität), Geschäftsmodelle, die nicht mit den Datenschutzvorschriften vereinbar sind (opportunistische Nichteinhaltung) und Absprachen über die Einhaltung von Autoabgasnormen (koordinierte Regelkonformität). Dabei betonte Dunne, dass die dahinterstehenden Absichten eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Nichteinhaltung von Regulierungsvorschriften spielten.

Der Vormittag des zweiten Konferenztages begann mit parallelen Sessions zu verschiedenen Wettbewerbs- und Innovationsfragen. Die Themen reichten von Suche, Produktivität, Markup-Schätzungen bis hin zu Produktsortimenten und wurden teilweise aus theoretischer und empirischer Sicht beleuchtet.

Der Digital Markets Act – Herausforderungen bei der Umsetzung

Panel-Diskussion über den Digital Markets Act (DMA)

Am Nachmittag des zweiten Konferenztages fand eine Panel-Diskussion über den Digital Markets Act (DMA) statt, moderiert von Prof. Dr. Martin Peitz (Universität Mannheim und MaCCI). Das Panel bestand aus Sophie Ahlswede (Europäische Kommission), Univ.-Prof. Dr. Viktoria Robertson (Wirtschaftsuniversität Wien, Universität Graz), Prof. Alexandre de Streel (Universität Namur und CERRE) und Dr. Cristina Caffarra (Keystone). Während Sophie Ahlswede einen kurzen Überblick über den Umsetzungszeitplan und die bevorstehenden Herausforderungen gab, erläuterten Alexandre de Streel und Viktoria Robertson die wichtigsten Punkte zur DMA-Einführung. Cristina Caffarra betonte, dass die notwendige Infrastruktur zur Bewertung großer Industrieunternehmen erst noch geschaffen werden müsse. Die Diskussion der Regulierungsbehörden sollte über Wirtschaft und Recht hinausgehen, da Verfahrenstechnikerinnen und -techniker eine entscheidende Rolle beim Verständnis der Geschäftsmodelle von Unternehmen spielten. Alexandre de Streel sieht im DMA einen bedeutenden Schritt nach vorn hinsichtlich der Vermittlung zwischen den großen Marktakteuren. Sophie Ahlswede und Viktoria Robertson stimmten darin überein, dass der DMA eine bedeutende Errungenschaft sei und als EU-Verordnung in Rekordzeit umgesetzt worden sei.

Theorien des Schadens für digitale Plattformen

Massimo Motta (ICREA – Universitat Pompeu Fabra und Barcelona School of Economics) über Theorien des Schadens für digitale Plattformen

Am zweiten Tag der Konferenz hielt Prof. Massimo Motta (ICREA - Universitat Pompeu Fabra und Barcelona School of Economics) eine Keynote-Rede, in der er über die Selbstbevorzugung und Marktabschottung auf digitalen Plattformen sprach. Der Missbrauch marktbeherrschender Stellungen durch große digitale Plattformen habe die Aufmerksamkeit der Wettbewerbsbehörden weltweit schon lange auf sich gezogen. Motta erläuterte, wie digitale Plattformen als marktbeherrschend eingestuft werden könnten, indem er etablierte Schadenstheorien auf aktuelle Kartellfälle mit digitalen Plattformen anwandte. Dabei unterteilte er die Theorien in drei Unterkategorien: unvollkommene Gewinnabschöpfung, dynamische vertikale Abschottung und Erhöhung der Kosten für Konkurrenten. Er gab Beispiele für jede Kategorie, wie die Selbstbevorzugung von Google Shopping und die Anti-Steering-Bestimmungen von Spotify gegenüber Apple Music als Beispiele für unvollkommene Gewinnabschöpfung, Apple Cloud Gaming und Web Apps als Beispiele für dynamische Marktabschottung und Amazon Marketplace als Beispiel für die Erhöhung der Kosten für Konkurrenten.

Über MaCCI

MaCCI steht für „Mannheim Centre for Competition and Innovation“. MaCCI ist ein Forschungsverbund zwischen dem ZEW und der Fakultät für Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre der Universität Mannheim, der den Austausch zwischen Juristen/-innen und Ökonomen/-innen stärkt und damit in Fragen der Wettbewerbs-, Regulierungs- und Innovationspolitik neue Impulse gibt. Zu den Kernthemen, die im Rahmen von MaCCI untersucht werden, gehören neben vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen, Missbrauch von Marktmacht, Fusionskontrolle und der privaten und öffentlichen Durchsetzung des Kartellrechts sowie die Regulierung des Telekommunikations- und Energiesektors.

Weitere Informationen