#ZEWPodcast: Warum der Brückenstrompreis die Energiewende bremst
#ZEWPodcastProf. Kathrine von Graevenitz, PhD zu Gast im ZEW-Podcast
Nach einer Idee des Bundeswirtschaftsministeriums sollen die Industriestrompreise für energieintensive Unternehmen bis 2030 für 80 Prozent des jeweiligen Verbrauchs in Form eines Brückenstrompreises gedeckelt werden. Befürworter/innen sagen, dass diese Subventionen nötig sind, damit die Industrie nicht abwandert. Kritiker/innen betonen, dass eine Subvention keine Anreize mehr setzt, um Strom zu sparen. Im neuen ZEW-Podcast spricht Prof. Kathrine von Graevenitz, PhD, stellvertretende Leiterin im ZEW-Forschungsbereich „Umwelt- und Klimaökonomik“, darüber, ob der Brückenstrompreis überhaupt zielführend ist und warum sie gesamtwirtschaftliche Maßnahmen für geeigneter hält als nur bestimmte Wirtschaftsbereiche zu subventionieren.
Beim Brückenstrompreis geht es in erster Linie darum, „eine schwierige Zeit zu überbrücken. Einige Vertreter der Industrie und auch der Politik sehen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, aufgrund der relativ hohen Energiepreise, als gefährdet“ an. Hier sei vor allem der Strompreis zentral. Nicht weil er absolut hoch sei, sondern weil „die Strompreise hier in Deutschland höher sind als in anderen Ländern, mit denen wir im internationalen Wettbewerb stehen“ und die Gefahr besteht, dass „die Industrie abwandert“.
Ob der Plan, bis 2030 relativ günstige Strompreise zu haben aufgehe, bleibe abzuwarten: „Es gibt andere Länder, die viel mehr Sonne haben, viel mehr Wind und da sie auch ihre erneuerbare Erzeugung ausbauen, ist nicht klar, dass wir am Ende relativ gesehen zu den anderen Ländern, wo die Bedingungen besser sind, billigeren Strom haben werden, als es heute der Fall ist.“
Eine Brücke ohne Ende?
Zudem gibt es das Problem, dass sich Unternehmen an Subventionen gewöhnen und diese nur schwer abzuschaffen sind: „Es wird ja konsequent gesagt, dass das eine Brücke sein soll. Aber man hört auch schon Stimmen von der Industrie, die davon ausgehen, dass das so bleibt. Für mich ist es nicht klar, dass man im Jahr 2030 sagt: <Ihr hattet sieben Jahre Zeit.> Es ist offensichtlich, dass wir in Zukunft nicht wettbewerbsfähig sein werden mit den Strompreisen. Also was jetzt? Vielen Dank und Tschüss!? Ich glaube nicht, dass das so kommen wird.“ Auch die Anreize, Strom zu sparen, würden geringer, da sich der Zeitraum verlängere, bis sich „eine Investition in Stromsparmaßnahmen rechnet“, was letztendlich die Energiewende verlangsamt.
No-regret-Maßnahmen bevorzugt
Statt in einzelne Bereiche, sollte man „eine breite Standortpolitik machen, nicht in dem Sinne, dass man jeden subventioniert. Man sollte No-regret-Maßnahmen machen. No-regret-Maßnahmen sind Investitionen, die gut sind, egal was kommt. Das wären Investitionen in Digitalisierung. Es wären Investitionen in Infrastruktur, also Straßen, Eisenbahnnetze, Stromnetzausbau.“ Dazu zählen auch Investitionen in Bildung und in „hoch qualifizierte Fachkräfte, für die Deutschland bekannt ist und die lange ein Wettbewerbsvorteil für Deutschland waren“.
Auch der Bürokratieabbau zählt für von Graevenitz dazu. Zusammenfassend also alle „Maßnahmen, die für die breite Masse wirken, die nicht eine Wette sind, welche Technologien dann in Zukunft besser sind oder schlechter, weil wir es schlichtweg nicht wissen. Deswegen ist aus meiner Sicht die beste Politik, die wir machen können, einen fruchtbaren Boden zu schaffen. Und dann schauen wir, was wächst.“
Global denken
Zudem dürfe man nicht die globale Perspektive aus den Augen verlieren, „weil es nicht nur davon abhängt, was wir in Deutschland machen, sondern auch davon, was alle anderen machen in der Welt. Dann sollten wir ganz gezielt weiterarbeiten, dass wir globale Kooperationen hinkriegen, was die Klimapolitik angeht. Dass wir diese globale CO2-Bepreisung hinkriegen, entweder wirklich global, dass alle dabei sind oder dass wir dann einen Klimaklub haben, wo die wesentlichsten Emittenten dabei sind.“