Einschätzung der Produktivität beeinflusst Homeoffice-Angebote
ForschungZEW-Studie zu Erfahrungen mit Produktivität im Homeoffice
Wie eine aktuelle Studie des ZEW Mannheim zeigt, wirkt sich eine verbesserte Einschätzung der Produktivität im Homeoffice positiv auf die langfristige Verbreitung von Homeoffice-Angeboten aus. Wenn Unternehmen die Produktivität der Beschäftigten im Homeoffice positiv einschätzen, planen sie mehr Homeoffice zu ermöglichen als Unternehmen mit einer skeptischeren Einschätzung. Die Ergebnisse beruhen auf Befragungen von rund 800 Unternehmen aus der Informationswirtschaft zwischen 2020 und 2022.
Im Verlauf der Corona-Pandemie mussten Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen mit Homeoffice experimentieren und haben dabei Erfahrungen gemacht, die im Durchschnitt besser ausfielen als erwartet – auch beim Thema Produktivität. „Unsere Studie zeigt, dass zwischen der subjektiven Wahrnehmung möglicher Produktivitätseffekte und dem langfristig geplanten Einsatz von Homeoffice ein Zusammenhang besteht“, erklärt Dr. Daniel Erdsiek, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“ und Ko-Autor der Studie. „Unter den befragten Unternehmen fällt der geplante Anstieg der Homeoffice-Nutzung deutlich stärker aus, wenn sie die Arbeit im Homeoffice im Vergleich zur Arbeit vor Ort als gleichwertig oder gar produktiver bewerten.“
Positive Erfahrungen während der Pandemie
Mehr als jedes dritte Unternehmen in der Informationswirtschaft hat im Laufe der Pandemie seine Einschätzung der Produktivität im Homeoffice verbessert. Bei großen Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten blicken mittlerweile sogar knapp 60 Prozent optimistischer auf die Produktivität der Beschäftigten im Homeoffice als vor Corona. Im Vorfeld der Pandemie war die Sicht aufs Homeoffice demnach in vielen Unternehmen verzerrt. Durch die Erfahrungen der letzten Jahre wurden übermäßig pessimistische Erwartungen und Vorurteile abgebaut. Dies ist ein möglicher Grund dafür, dass der durch die Pandemie initiierte Homeoffice-Schub auch langfristig Bestand haben wird.
Zunächst erscheint die Annahme naheliegend, dass Unternehmen eher gewillt sind das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, wenn sie keine negativen Auswirkungen auf die Produktivität erwarten. Allerdings wird der empirische Nachweis dieses kausalen Zusammenhangs dadurch erschwert, dass vielfältige Ursachen zu einem positiven Zusammenhang zwischen der Einschätzung der Produktivität und der Homeoffice-Nutzung beitragen könnten. Daher basiert die ZEW-Studie auf zwei Umfrageexperimenten, durch die der Effekt isoliert betrachtet werden kann.
Umfrageexperimente ermöglichen genauere Messung
Im ersten Experiment wurde die Reihenfolge der Fragen variiert, sodass ein Teil der befragten Arbeitgeber/innen zuerst über mögliche Produktivitätseffekte nachdenken musste, bevor Fragen bezüglich der geplanten Nutzung beantwortet werden konnten. Diese zufällig ausgewählten Unternehmen dienen im Experiment als Treatmentgruppe. Als Kontrollgruppe werden die restlichen Unternehmen herangezogen, die zuerst zu ihren Homeoffice-Plänen befragt wurden. Der erwartete Homeoffice-Schub fällt umso höher aus, je vorteilhafter Unternehmen mögliche Produktivitätseffekte bewerten – das gilt für die Kontrollgruppe und die Treatmentgruppe gleichermaßen. Die veränderte Reihenfolge der Fragen hat allerdings einen Effekt auf die langfristigen Homeoffice-Pläne, wenn Unternehmen von einer geringeren Produktivität im Homeoffice ausgehen. Bei diesen eher skeptischen Unternehmen führt das vorherige Nachdenken über die Homeoffice-Produktivität zu einer im Durchschnitt geringeren erwarteten Nutzung von Homeoffice. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass sich die subjektive Wahrnehmung der Produktivitätseffekte auf die langfristig erwartete Verbreitung von Homeoffice in deutschen Unternehmen auswirkt. Ein zweites Umfrageexperiment der ZEW-Wissenschaftler bestätigt diese Schlussfolgerung.
An der ZEW-Befragung beteiligten sich zwischen Dezember 2020 und Juni 2022 rund 800 Unternehmen der Informationswirtschaft, die sich aus IKT-Branche, Mediendienstleistern und wissensintensiven Dienstleistern zusammensetzt.