Wirtschaft gibt gemischtes Bild ab – Soziale Innovationen allerdings sind weit verbreitet

Forschung

Innovationserhebung 2023: Innovationsaktivitäten der deutschen Wirtschaft

Im Zeitraum 2020 bis 2022 haben 51,1 Prozent aller Unternehmen im Berichtskreis der Innovationserhebung Soziale Innovationen eingeführt.

Die Ausgaben der Wirtschaft für Innovationen sind im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr in Deutschland deutlich um 6,8 Prozent auf 190,7 Milliarden Euro angestiegen. Rückläufig sind allerdings andere zentrale Indikatoren für die Innovationskraft der Wirtschaft hier zu Lande – so zum Beispiel der Anteil der Unternehmen mit Innovationen, die so genannte Innovatorenquote. Das sind einige der zentralen Ergebnisse der aktuellen Innovationserhebung 2023, die das ZEW Mannheim im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) jedes Jahr durchführt. Bei der diesjährigen Erhebung hat das ZEW bei einem Thema besonders genau hingeschaut – bei den Sozialen Innovationen. Zentraler Befund ist hier: Im Zeitraum von 2020 bis 2022 hat jedes zweite Unternehmen Soziale Innovationen eingeführt – also Neuerungen zur tragfähigen und nachhaltigen Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger erklärt dazu: „Die gestiegenen Innovationsausgaben zeigen, dass die Wirtschaft in Deutschland auch in herausfordernden Zeiten krisenfest ist. Allerdings muss uns die Entwicklung zentraler Indikatoren wie die der Innovatorenquote Sorgen machen. Hier brauchen wir eine Trendwende, damit Deutschland seine Herausforderungen meistern kann. Mit der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation und der geplanten Ausweitung der Forschungszulage arbeiten wir als Bundesregierung daran, Innovation und Transfer nachhaltig zu stärken. Erfreulich ist, dass Soziale Innovationen bereits in vielen Unternehmen verbreitet sind.“

Viele Unternehmen mit Sozialen und mit Umweltinnovationen

51,1 % der Unternehmen führten soziale Innovationen ein, insbesondere durch Maßnahmen zur Arbeitsgestaltung und mobiles Arbeiten während der Corona-Pandemie.
55,6 % der Unternehmen setzten Umweltinnovationen um, wobei der Schwerpunkt auf der Steigerung der Energieeffizienz und der Reduktion von Emissionen lag.

Im Zeitraum 2020 bis 2022 haben 51,1 Prozent aller Unternehmen im Berichtskreis der Innovationserhebung Soziale Innovationen eingeführt. Dieser hohe Anteil ist darauf zurückzuführen, dass sehr viele Unternehmen Maßnahmen im Bereich der Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung eingeführt haben. Dahinter stehen vor allem Veränderungen, die mobiles Arbeiten ermöglicht haben, um den Geschäftsbetrieb trotz der Kontaktbeschränkungen durch die Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Weitere Soziale Innovationen im Unternehmen betreffen die Beschäftigung älterer Menschen, die Integration von Migrantinnen und Migranten als auch von Menschen mit Behinderungen sowie die Förderung der Geschlechtergleichstellung. Eine weitere Form Sozialer Innovationen sind Marktangebote, die sozial innovatives Verhalten von Nutzerinnen und Nutzern unterstützen oder ermöglichen. 7,6 Prozent der Unternehmen im Berichtskreis der Innovationserhebung meldeten diese Form von Sozialen Innovationen.

Im gleichen Zeitraum 2020 bis 2022 haben 55,6 Prozent aller Unternehmen Umweltinnovationen eingeführt. 48,7 Prozent aller Unternehmen weisen Umweltinnovationen im Prozessbereich auf, d.h. die positiven Umwelteffekte traten im innovierenden Unternehmen ein. 39,7 Prozent führten Umweltinnovationen im Produktbereich, d.h. hier traten die positiven Umwelteffekte bei den Kunden und Nutzern der Produkte ein. Sowohl im Prozess- als auch im Produktbereich standen Umweltinnovationen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduktion von Emissionen an erster Stelle.

Großunternehmen heben Innovationsausgaben auf neuen Höchstwert

Die Innovationsausgaben erreichten 2022 mit 190,7 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert, wobei der Einfluss der Inflation auf diesen Anstieg als gering eingeschätzt wird.
Die Industrie investierte mit 137,6 Milliarden Euro fast dreimal so viel in Innovationen wie der Dienstleistungssektor, obwohl die Ausgaben im Dienstleistungssektor mit 10,6 % stärker wuchsen.

Mit 190,7 Milliarden Euro erreichten die Innovationsausgaben im Jahr 2022 einen neuen Höchstwert. Ein Teil des Anstiegs könnte auf inflationäre Effekte zurückgeführt werden. Allerdings ist es nicht möglich, diesen Anteil zu beziffern. Vieles spricht dafür, dass nur ein kleiner Teil des Zuwachses der Inflation geschuldet ist. Denn die Preissteigerungen im Jahr 2022 von durchschnittlich 5,3 Prozent betrafen vor allem Energie, Rohstoffe und Vorprodukte. Diese spielen als Kostenfaktoren für Innovationsaktivitäten jedoch eine untergeordnete Rolle. Bei den zentralen Kostenfaktoren Personal, Dienstleistungen und Sachanlagen lag der Preisanstieg im Jahr 2022 unter der gesamtwirtschaftlichen Inflationsrate.

Mit 10,6 Prozent stiegen die Innovationsausgaben im Dienstleistungssektor deutlich stärker als in der Industrie mit 5,4 Prozent. Dennoch sind die Innovationsausgaben in der Industrie mit 137,6 Milliarden Euro fast dreimal so hoch im Vergleich zum Dienstleistungssektor mit 53,1 Milliarden Euro. Der Anstieg der Innovationsausgaben ist allein auf die Gruppe der Großunternehmen zurückzuführen. Sie steigerten ihre Innovationsaufgaben um 8,2 Prozent auf 160 Milliarden Euro. Die Innovationsausgaben der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) änderten sich dagegen kaum (minus 0,2 Prozent) und lagen 2022 bei 30,6 Milliarden Euro.

Im Jahr 2022 planten noch 40,4 Prozent der Unternehmen mit der Finanzierung von Innovationsaktivitäten. Für das Jahr 2023 planten nur noch 33 Prozent der Unternehmen mit Ausgaben für Innovationen. Die Unsicherheit wächst für das Jahr 2024 weiter an: 31,1 Prozent der Unternehmen planen fest mit Innovationsausgaben, 21,5 Prozent sind sich unsicher. Der Ausblick auf die Jahre 2023 und 2024 ist daher mit vielen Unsicherheiten behaftet. Die Unternehmen sind deshalb in ihrer Planungssicherheit beeinträchtigt.

Mehr forschende, aber weniger innovierende Unternehmen

Die Anzahl der kontinuierlich forschenden Unternehmen erreichte 2022 einen neuen Höchststand von mehr als 43.000. Dies sind 12,9 Prozent aller Unternehmen im Berichtskreis der Innovationserhebung. Die Quote erhöhte sich seit 2019 um 2,0 Prozentpunkte.

Der gestiegenen Anzahl forschender Unternehmen steht jedoch eine rückläufige Anzahl innovierender Unternehmen gegenüber. Deren Anzahl lag 2022 bei gut 169.000, das sind 50,7 Prozent aller Unternehmen. Die Innovatorenquote weist seit zwei Jahrzehnten einen rückläufigen Trend auf. Insbesondere kleine Unternehmen, die selbst keine FuE betreiben, ziehen sich immer wieder aus dem Innovationsgeschäft zurück. Mögliche Gründe dafür reichen von der hohen Kostenbelastung über begrenzte Finanzierungsmittel bis zum Fachkräftemangel und Hemmnisse durch Gesetze und Bürokratie.

Über die Innovationserhebung

Das ZEW Mannheim untersucht im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) jedes Jahr das Innovationsgeschehen in der deutschen Wirtschaft – gemeinsam mit dem Institut für angewandte Sozialwissenschaften (infas) und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Die Studie erfasst Unternehmen mit fünf oder mehr Beschäftigten. Im Jahr 2022 waren dies rund 333.700 Unternehmen.

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