Kriminalität, ihre Ursachen und ihre Bekämpfung: Warum auch Ökonomen gefragt sind
ZEW-Dokumentation Nr. 98-01 // 1998Kriminalität ist ein alltäglicher Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft, dem von Politik und Medien ein wachsendes Interesse entgegengebracht wird. Diese verstärkte Aufmerksamkeit kommt nicht von ungefähr, denn in den letzten 30 Jahren hat sich das polizeilich registrierte Kriminalitätsaufkommen in der Bundesrepublik von etwa 3 Straftaten pro 100 Einwohner im Jahre 1966 auf ca. 8 Straftaten pro 100 Einwohner im Jahre 1996 dramatisch erhöht. Am stärksten sind von dieser Entwicklung die deutschen Großstädte betroffen, deren Polizeipräsidenten derzeit in Scharen nach New York pilgern, um sich vor Ort über das dort offensichtlich mit Erfolg realisierte Kriminalitätsbekämpfungsmodell zu informieren. Die hohen materiellen und immateriellen Schäden, die der Gesellschaft durch kriminelles Handeln entstehen, führen neuerdings sogar zu einem überparteilichen Konsens zwischen den Regierungen der Bundesländer. Die Länderchefs sind sich nämlich weitgehend darüber einig, dass die gestiegene Gewalt- und Eigentumskriminalität ein härteres Durchgreifen in Form höherer Polizeiaktivität und verschärfter Strafen erfordert.
Die Fragen, welches Maß an Abschreckung der Staat wählen sollte und welches die Bestimmungsfaktoren von Kriminalität sind, bilden aber auch schon seit 30 Jahren ein Forschungsfeld der Volkswirtschaftslehre. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung und den Stand dieser Forschung. Es wird gezeigt, warum sich neben Juristen, Psychologen und Soziologen auch Volkswirte mit dem Thema Kriminalität beschäftigen sollten. Die Arbeit umfasst eine Besprechung der wichtigsten theoretischen Arbeiten zum Thema "Ökonomik der Kriminalität" sowie eine Diskussion ausgewählter Bestimmungsfaktoren von Kriminalität in enger Anlehnung an die empirischen Ergebnisse der ökonomischen Kriminalitätsforschung. Neben seiner Funktion als Übersichtsartikel besteht die Intension dieses Beitrags in der Aufforderung zur Intensivierung der empirischen Kriminalitätsforschung in der Bundesrepublik Deutschland seitens der Volkswirtschaftslehre und in der Feststellung der Erfordernis, dass zukünftige Kriminalitätsforschung einer verstärkten interdisziplinären Ausrichtung bedarf.
Entorf, Horst und Hannes Spengler (1998), Kriminalität, ihre Ursachen und ihre Bekämpfung: Warum auch Ökonomen gefragt sind, ZEW-Dokumentation Nr. 98-01, Mannheim