EU-Innovationspolitik: Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit europäischer Unternehmen stärken
Innovationsabstand durch Investitionen in Forschung und Entwicklung aufholen
Innovationen sind ein unbestrittener Wachstumstreiber und technologischer Fortschritt eine Grundvoraussetzung für die Sicherung des Wohlstands angesichts wachsender ökologischer und demographischer Herausforderungen. In jüngster Zeit wird jedoch verstärkt auf eine wachsende Innovationslücke zwischen den USA und China auf der einen und Europa auf der anderen Seite hingewiesen. Dies zeigt sich etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) und davon abgeleiteten Technologien wie autonome Systeme. Hinzu kommt, dass die Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) in Europa weniger stark steigen als in den USA, China oder auch Südkorea (siehe Abbildung).
Investitionen in FuE als Voraussetzung für künftige Wettbewerbsfähigkeit
Angesicht der großen gesellschaftlichen Herausforderungen bedarf es insbesondere einer Zunahme an Produktivitätssteigernden und nachhaltigen Innovationen. In Deutschland haben Bund und Länder im Zeitraum 2005-2021 die finanziellen Mittel für FuE deutlich ausgeweitet. Der Anteil der staatlichen FuE-Finanzierung am BIP konnte von 0,69 Prozent auf 0,94 Prozent merklich gesteigert werden. Es zeichnet sich allerdings ab, dass sich dieser Trend nicht fortsetzt.
Dieser Rückgang wird bisher nicht durch gemeinsame europäische Finanzierungsprogramme kompensiert. So ist nicht nur das Finanzierungsvolumen auf EU-Ebene verhältnismäßig gering, sondern es kommt auch zur einer Fragmentierung von Programmen. Gerade für die Entwicklung strategisch wichtiger Technologien ist eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten nötig, die eine bessere Skalierung von Forschungs- und Entwicklungsinitiativen ermöglichen könnte. Positive Beispiele sind das CERN und das European High-Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC).
Bedeutung von Unternehmensgründungen für fundamentale Innovationen
Derzeit ist ein rasanter technologischer Fortschritt im Bereich der (generativen) KI zu beobachten, deren Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. Junge Unternehmen spielen dabei eine zentrale Rolle. Allerdings stoßen gerade sie auf Hürden, die meist auf mangelnde finanzielle Ressourcen zurückzuführen sind. Regulatorische Unsicherheit ist dabei ein zusätzlicher Faktor. In Kombination mit fragmentierten europäischen Absatz- und Arbeitsmärkten führt dies dazu, dass nur wenige wachstumsstarke Unternehmen entstehen. Aufgrund des Risikoprofils von Investitionen in junge Unternehmen im Bereich innovativer Technologien ist Venture Capital (VC) für die Finanzierung besonders geeignet. Mehr VC für mehr Unternehmensgründungen bedeutet, dass mehr Unternehmen die Chance haben, schnell zu wachsen. Allerdings ist VC in der EU deutlich knapper als etwa in den USA. Der Anteil der EU am gesamten Wagniskapitalaufkommen beträgt nur 5 Prozent gegenüber 52 Prozent in den USA und 40 Prozent in China.
Empfehlungen
Neue Dynamik bei Forschung, Innovation und Unternehmensgründungen schaffen
Innovationen sind ein unbestrittener Wachstumstreiber und technologischer Fortschritt eine Grundvoraussetzung für die Sicherung des Wohlstands angesichts wachsender ökologischer und demographischer Herausforderungen. In jüngster Zeit wird jedoch verstärkt auf eine wachsende Innovationslücke zwischen den USA und China auf der einen und Europa auf der anderen Seite hingewiesen. Dies zeigt sich etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) und davon abgeleiteten Technologien wie autonome Systeme. Hinzu kommt, dass die Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) in Europa weniger stark steigen als in den USA, China oder auch Südkorea (siehe Abbildung 1).
Wissenschaft und Anwendung fördern
Im Bereich der Unternehmen haben die letzten Bundesregierungen durch die Einführung der Forschungszulage und ihrer Ausweitung im Wachstumschancengesetz bereits wichtige Grundlagen für eine stabile und planbare FuE-Finanzierung gelegt. Im Bereich der Wissenschaft sind die derzeitigen Instrumente der institutionellen Förderung und der Projektförderung aber nur begrenzt in der Lage, die gestiegenen Kosten zu kompensieren. Dies ist fatal, da fast alle Zukunftstechnologien wissenschaftsgetrieben sind.
Die Forschungszulage hat sich als Instrument der FuE-Finanzierung im Unternehmenssektor bewährt. Bereits jetzt ist ein deutlicher Anstieg der Unternehmen mit kontinuierlicher FuE-Tätigkeit zu verzeichnen. Der mit dem Wachstumschancengesetz eingeschlagene Weg, mittelgroße Unternehmen besser zu adressieren, sollte fortgesetzt werden, indem die Obergrenze für die förderfähigen FuE-Aufwendungen weiter erhöht wird.
FuE-Ausgaben als staatliche Zukunftsinvestitionen anerkennen
Eine flächendeckende Budgetsteigerung in den relevanten EU-Programmen ist nicht zu erwarten. Auf europäischer Ebene ist daher eine stärkere Fokussierung auf Projekte von besonderer gemeinsamer strategischer Bedeutung (Important Projects of Common European Interest, IPCEIs) wichtig. Um die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel für die staatliche FuE-Finanzierung auf nationaler Ebene zu verbessern, sollten die FuE-Ausgaben von Bund und Ländern als das anerkannt werden, was sie volkswirtschaftlich sind, nämlich Investitionen. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zur Ermittlung des Bruttoinlandsprodukts ist dies bereits der Fall. Die Haushaltsordnungen von Bund und Ländern sollten dem folgen.
Verbesserung der Finanzierung von Startups
Die Attraktivität von VC in Europa könnte sowohl aus Investoren- als auch aus Unternehmenssicht durch verbesserte Ausstiegs- und flexiblere Beteiligungsmodelle erhöht werden. Börsennotierungen sind in der EU aufgrund regulatorischer Vorgaben so komplex und aufwendig, dass es nur selten zu Börsengängen junger Wachstumsunternehmen kommt. Die Möglichkeit, europaweit Aktien mit unterschiedlichen Stimmrechten zu emittieren, würde die Attraktivität von Beteiligungskapital aus Sicht von Gründern erhöhen, da sie sich so mehr Stimmrechte sichern können. In Deutschland ist das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) ein wichtiger Reformschritt, der weitergeführt und auch EU-weit umgesetzt werden sollte. Zur Schaffung besserer Finanzierungsmöglichkeiten von Scaleups könnten auf europäischer Ebene Anforderungen im Rahmen von Solvency II gelockert werden. Auch das Mandat der European Investment Bank (EIB) sollten erweitert werden, sodass Beteiligungskapital-Investitionen möglich sind.
Im Hinblick auf den nötigen Abbau von Expansionsgrenzen junger Unternehmen durch Marktfragmentierung ist die Einführung einer EU-weiten besonderen Rechtsform für innovative Start-ups sinnvoll. Die Innovative European Company (IEC) könnte innovativen Unternehmen nicht nur die Gründung erleichtern, sondern auch einen Sonderstatus bei bestimmten Regelungen (etwa bei Finanzierung, Insolvenzregelungen, Besteuerung, Standortflexibilität) einräumen. Darüber hinaus sollte für solche jungen, innovativen Unternehmen im Rahmen des Unitary Patent die Kosten für Patentanmeldungen gesenkt werden. Der im Januar 2025 vorgestellte Competitiveness Compass for the EU greift die angesprochen Herausforderungen auf und schlägt auf europäischer Ebene einen European Innovation Act vor, der die Bedingungen für innovative Unternehmen durch den Zugang zur Forschungs- und Technologieinfrastruktur, FuE-Förderung und regulatorische Sandkästen verbessern soll. Ein 28. Rechtsrahmen soll zudem Möglichkeiten schaffen, Wettbewerbsnachteile durch Fragmentierung abzubauen.
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