Bayerisches Familiengeld nicht zielgenau
ForschungZEW-Studie zu Bayerischen Familienleistungen
Von den Ausgaben für das Bayerische Familiengeld kommt nur ein relativ geringer Teil bei armutsgefährdeten Haushalten an. Durch eine zielgenauere Ausrichtung könnten alle Familien besser unterstützt werden, beispielsweise indem mehr in die Kinderbetreuung investiert wird. Das zeigt eine Studie von Forschenden des ZEW Mannheim im Auftrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag. Sie untersuchten mithilfe eines Computermodells und kausaler Schätzmethoden, welche Bevölkerungsgruppen von den bisherigen Leistungen profitieren und wie das Familiengeld von den Empfänger/innen verwendet wird. Zudem wurden verschiedene Reformvarianten und mögliche Einsparpotentiale berechnet.
„Im Gegensatz zu vielen Befürchtungen wird das Geld nicht von den Erwachsenen für sich selbst ausgegeben, sondern kommt in Form von Mehrausgaben für Kinderschuhe, -bekleidung, Spielzeug sowie Nahrungsmittel direkt bei den Kindern an“, so ZEW-Ökonom Prof. Dr. Holger Stichnoth, Leiter der Forschungsgruppe „Ungleichheit und Verteilungspolitik“. „Da die Leistung unabhängig vom Einkommen gewährt wird, ist sie allerdings wenig zielgenau. Ein Kürzen des Familiengelds bei einem höheren Gesamteinkommen kann die Zielgenauigkeit der Leistung erhöhen. Das so bei den oberen Einkommensgruppen gesparte Geld kann in eine verbesserte Betreuungsqualität oder den Ausbau von rund 25.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen in Bayern investiert werden. Damit kommt es allen Familien zugute.“
Familiengeld führt nicht zu weniger Erwerbsarbeit
Auf das Erwerbsverhalten von Müttern und Vätern hat sich die Einführung des Familiengelds nicht ausgewirkt, obwohl im Vergleich zu Vorgängerregelungen Teilzeitpflicht und Einkommensgrenzen wegfielen. Durch die Einführung des Familiengelds und den Entfall des seit 2015 gezahlten Betreuungsgelds stieg zudem die Betreuungsquote der unter Dreijährigen deutlich an, nachdem sie zuvor – bei der Einführung des Betreuungsgelds – sank.
Das Bayerische Familiengeld wird seit September 2018 zusätzlich zum Kindergeld einkommensunabhängig an alle Familien mit Kindern im Alter von 12 bis 36 Monaten ausgezahlt. Für die ersten beiden Kinder beträgt es 250 Euro pro Monat, ab dem dritten Kind 300 Euro.
Über das Simulationsmodell ZEW-EviSTA
Das ZEW verfügt über ein etabliertes Mikrosimulationsmodell (ZEW-EviSTA), das in zahlreichen Politikberatungsprojekten eingesetzt wurde. Modelliert sind die Einkommensteuer, die Sozialversicherungsbeiträge und das Kindergeld, im vorliegenden Projekt auch das bayerische Familiengeld. Im Transferbereich erfasst das Modell die zentralen Regelungen aus den Rechtskreisen des SGB II und SGB XII sowie den Kinderzuschlag und das Wohngeld. ZEW-EviSTA erlaubt es, die Auswirkungen von Veränderungen im Steuer- und Transfersystem umfassend und differenziert abzuschätzen. Als Zielgrößen werden zum einen die Höhe, Veränderung und Verteilung der Löhne und verfügbaren Einkommen (einschließlich solcher Komponenten wie Wohngeldanspruch) der privaten Haushalte in Deutschland ausgewiesen. Zum anderen werden – spiegelbildlich zur Haushaltsperspektive – die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte abgeschätzt. Dazu zählen das Aufkommen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Kosten staatlicher Transferleistungen.