Standpunkt von ZEW-Präsident Achim Wambach

Prof. Achim Wambach zum EU-China-Investitionsabkommen als wichtiger Baustein in den wirtschaftlichen Beziehungen.

Mit einem Paukenschlag hat die deutsche Regierung ihre EU-Ratspräsidentschaft beendet. Zwei Tage vor Silvester haben die Europäische Union und China die siebenjährigen Verhandlungen über ein Investitionsabkommen im Grundsatz abgeschlossen. Weitere Schritte unter Einbindung der USA sind allerdings notwendig.

Von Otto von Bismarck stammt das Zitat „Politik ist die Kunst des Möglichen“. So gesehen war die Einigung auf das EU-China-Investitionsabkommen große Kunst. Im letzten Amtsjahr von Bundeskanzlerin Angela Merkel haben die EU und China die Möglichkeit genutzt, einen grundsätzlichen Konsens herbeizuführen. Als das Land in der EU, das am stärksten vom Handel mit China profitiert, hat Deutschland im Kontext eines geschwächten amtierenden US-Präsidenten und vor dem Amtsantritt des neuen die Initiative ergriffen, einen europäischen Weg der Partnerschaft mit China einzuschlagen. Der Rat und das Europäische Parlament müssen das Übereinkommen allerdings noch beschließen.

Das EU-China-Investitionsabkommen kann ein wichtiger Baustein in den wirtschaftlichen Beziehungen dieser Wirtschaftsräume werden, die in den vergangenen Jahren stark unter Druck geraten sind.  Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte in seinem vielbeachteten Grundsatzpapier von 2019 weitere Maßnahmen eingefordert, um im Umgang mit dem „systemischen Wettbewerber“ China besser zu bestehen. Viele der damals genannten Kritikpunkte – Investitionsverbote, Beteiligungsobergrenzen oder der Zwang zu Joint Ventures – wurden im Investitionsabkommen aufgegriffen. Weitere Erleichterungen für den Zugang europäischer Unternehmen zu bestimmten Sektoren des chinesischen Marktes, etwa dem Finanz- und Gesundheitsbereich, sind vorgesehen.

Neben den Beschränkungen beim Marktzugang ist es für europäische Unternehmen problematisch, wenn sie es mit Wettbewerbern zu tun haben, bei denen der chinesische Staat eine aktive Rolle übernimmt, um seine industriepolitischen Ziele zu erreichen. Er tut dies entweder unmittelbar durch seine vielen Staatsunternehmen oder mittelbar etwa durch Subventionen. In Europa hingegen unterliegen Staatseingriffe der Beihilfekontrolle. Um hier zu einem fairen Wettbewerb zu kommen, greift die EU zum einen auf Antisubventionsinstrumente im grenzüberschreitenden Warenverkehr zurück. Zum anderen hat sie gerade ein Weißbuch vorgelegt mit dem Vorschlag, Subventionen von Drittstaaten an Unternehmen im europäischen Binnenmarkt einer besseren Kontrolle zu unterziehen. Als Problem erweisen sich dabei häufig die Schwierigkeiten der EU-Behörden bei der Ermittlung von Informationen in Drittstaaten. Insofern kann es hilfreich sein, dass das Investitionsabkommen auch Transparenzverpflichtungen für Subventionen im Dienstleistungssektor vorsieht. 

Europa und insbesondere Deutschland befinden sich China gegenüber in einer anderen Position als die USA. Das Handelsvolumen der USA mit China ist zwar in etwa so hoch wie das der EU mit China, jedoch unterscheidet sich die Zusammenstellung markant: Die Importe in die USA aus China sind etwa viermal so hoch wie die Exporte der USA nach China. In Europa liegt der Faktor lediglich bei 1,75. Die Verdrängung von Arbeitsplätzen durch Importe aus China, die in den USA unter dem Schlagwort des „China-Schock“ diskutiert werden, lässt sich in Europa nicht beobachten.

Die EU muss deshalb ihre eigene Position finden und ihre eigenen Interessen verfolgen. Das EU-China-Investitionsabkommen kann dabei aber nur ein Baustein in einer viel umfassenderen multilateralen Beziehung sein, die die drei größten Wirtschaftsräume der Welt, USA, China und EU, umfasst. Die Agenda – Umweltschutz, Menschenrechte und Arbeitsnormen, fairer Handel, Sicherheitsfragen – ist gewaltig. Die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten bietet für ein gemeinsames Vorgehen eine Chance, hat dieser sich doch für eine stärkere multilaterale Zusammenarbeit ausgesprochen. Es bedarf auch hier der Kunst des Möglichen.

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