Im Dilemma der Klimapolitik
StandpunktStandpunkt des ZEW-Präsidenten Achim Wambach
Die Aufregung war groß, als Minister Habecks Entwurf zum Verbot von Gas- und Ölheizungen öffentlich wurde. Nach Tagen der Diskussion und zähen Verhandlungen wurden die Regelungen schließlich in abgemilderter Form bewilligt. Die Regierung steht dabei vor einem Dilemma – wenn CO₂ Preise zu niedrig und Subventionen nicht finanzierbar sind, bleiben nur noch Verbote übrig, um Klimaneutralität zu erreichen. Diese sind aber nicht nur unbeliebt, sondern auch ineffizient.
Deutschland steht vor einer gewaltigen Transformation: Bis 2045 will man klimaneutral werden. Dies soll durch eine vollständige Elektrifizierung des Energieverbrauchs geschehen. Autos fahren mit Strom oder synthetischem Kraftstoff, Gas- und Ölheizungen weichen der mit Strom betriebenen Wärmepumpe.
Solange aber Kraftstoff, Öl und Gas billig sind, verwundert es nicht, wenn nur wenige Haushalte die Technologie wechseln. Um die Transformation zu ermöglichen, verfügt die Regierung grundsätzlich über drei Instrumente: Verteuerung der fossilen Energien; Subventionierung der elektrischen Lösungen; Verbot von fossilen Energien. Effizient ist nur das Erste.
Die Verteuerung setzt da an, wo die klimaschädlichen Emissionen entstehen. Die Europäische Union hat einen Emissionshandel in den Sektoren Strom und Industrie eingeführt. Jedes betroffene Unternehmen, das CO₂ emittiert, muss dafür ein Zertifikat kaufen. Die Anzahl der Zertifikate ist begrenzt, um die Erreichung der Emissionsziele in diesen Sektoren sicherzustellen. Ein Zertifikat kostet ca. 100 Euro pro Tonne CO₂. So lohnt es sich für Unternehmen, in Technologien zu investieren, die ihren CO₂ Fußabdruck reduzieren. Und in der Tat – in diesen Sektoren wurden zwischen 2005 und 2021 die Emissionen um 35 % reduziert, eine Erfolgsgeschichte.
Die EU Kommission richtet nun einen zweiten Emissionshandel für die Sektoren Verkehr und Gebäude ein, mit einem Preisdeckel von 45 Euro. Deutschland hat bereits seit 2021 hier einen eigenen Emissionshandel, dessen Preise auch gedeckelt werden – bei 65 Euro. Beide Deckel sind viel zu niedrig, um Unternehmen und Haushalte ausreichend zu motivieren, auf fossile Energien zu verzichten.
Starke Preisanstiege wären für viele Haushalte ein echtes Problem. Die Politik schreckt auch deshalb davor zurück. Eine Alternative ist, den Kauf von sauberen Technologien zu subventionieren. Subventionen greifen bestimmte Technologien heraus und sind damit anfällig für Fehlförderungen. Das grundsätzliche Problem ist aber, dass Subventionen nie der Komplexität der Wirtschaftsabläufe gerecht werden können.
Das zeigte sich eindrucksvoll bei der Förderung von Erneuerbaren Energien durch das EEG. Nun ist Gas „sauberer“ als Kohle, wurde aber nicht gefördert. Kohle wurde auch nicht teurer, da der CO₂ Preis lange niedrig war. Daher war es lange attraktiver, Kohlekraftwerke zu betreiben als Gaskraftwerke, die deshalb mit Verlusten abgeschrieben werden mussten. Großbritannien hat es besser gemacht - dort gab es schon früh höhere CO₂ Preise, so dass Kohlekraftwerke nicht mehr rentabel waren und stillgelegt wurden.
Auch Verbote greifen immer nur Einzelaspekte des wirtschaftlichen Handelns heraus. Während durch ein Verbot von Öl- und Gasheizungen nur der betroffen ist, der eine neue Heizung anschafft, sind bei CO₂ Preisen alle betroffen. Dieser Winter hat gezeigt, dass bei hohen Energiepreisen die Haushalte bereit sind, den Energieverbrauch zu reduzieren. Ein Verzicht auf CO₂ Preise würde dazu führen, dass in der Breite keine Verhaltensänderungen stattfinden.
Was ist zu tun? Die Regierung sollte den Emissionshandel ernst nehmen und einen CO₂-Preispfad vorlegen, der zwar langsam hochläuft, aber nicht gedeckelt wird. Die Belastung der Haushalte wäre so zunächst gering, aber jedem wäre bewusst, dass sie zunehmen wird. Bei Investitionen in eine neue Heizung würde dies berücksichtigt, so dass Wärmepumpen zunehmend attraktiver würden. Begleitet werden sollte dies durch ein Sozialprogram, für das die Einnahmen aus dem Emissionshandel verwendet werden können.
Ökonomische Studien zeigen, dass ein effektiver Emissionshandel die Transformation zu den geringsten Kosten ermöglicht. Alle anderen Instrumente – Subventionen oder Verbote – machen den Übergang zur Elektrifizierung unterm Strich teurer. Die Problematik ist zu groß, um sich diese Ineffizienzen leisten zu können.