Jugendarbeitslosigkeit in Europa effektiv bekämpfen

Standpunkt

In der Europäischen Union sind derzeit rund 5,5 Millionen junge Menschen im Alter bis zu 24 Jahren arbeitslos. Die Jugendarbeitslosigkeit ist kein neues Problem, aber in der jüngsten Wirtschaftskrise hat sie noch einmal stark zugenommen. Die Arbeitslosenquote ist EU-weit von 15,6 Prozent im Jahr 2008 auf 23,5 Prozent im Jahr 2013 angestiegen. Hinter diesen Durchschnittszahlen verbergen sich sehr unterschiedliche Trends in den Mitgliedstaaten. Während die Jugendarbeitslosenquote in Deutschland in diesem Zeitraum von 10,6 Prozent auf 7,9 Prozent gefallen ist, stieg sie in Italien von 21,3 Prozent auf 40 Prozent, in Spanien von 24,6 Prozent auf über 55 Prozent. Diese Unterschiede erklären sich zum einen damit, dass die deutsche Wirtschaft sich sehr schnell vom Einbruch des Jahres 2009 erholt hat, während Spanien und Italien weitaus stärker von der Finanz- und Verschuldungskrise getroffen wurden. Zum anderen bestehen Unterschiede im Bildungssystem und in den Arbeitsmarktinstitutionen. Die Vorzüge der dualen Berufsausbildung in Deutschland spielen eine große Rolle, aber andere Elemente wie Kündigungsschutzregelungen und die Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Unternehmen kommen hinzu. Studien zeigen, dass Arbeitslosigkeit in der Jugend die berufliche Entwicklung der Betroffenen dauerhaft beeinträchtigt. Deshalb ist es dringend notwendig, zu handeln.

Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit liegt in Europa hauptsächlich in nationaler Verantwortung. Trotzdem hat die EU als Antwort auf die Krise die „Jugendgarantie“ ins Leben gerufen. Die nationalen Regierungen sollen dafür sorgen, dass jeder Jugendliche, der die Schule verlässt oder arbeitslos wird, innerhalb von vier Monaten einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz erhält. Bei der Umsetzung werden die Mitgliedstaaten mit der höchsten Jugendarbeitslosigkeit finanziell unterstützt, insgesamt stehen sechs Milliarden Euro zur Verfügung.

Es ist zu begrüßen, dass die EU das Problem der Jugendarbeitslosigkeit auf die politische Agenda setzt. Aber es besteht die Gefahr, dass die Jugendgarantie bei falsch konzipierten Maßnahmen zu einer kostspieligen Angelegenheit mit Strohfeuereffekt wird. Es ist wichtig, Erfahrungen mit arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zu berücksichtigen. Das ZEW hat im Auftrag der Robert Bosch Stiftung eine Studie erstellt, die vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen Empfehlungen für eine europäische Strategie zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit entwickelt. Neben länderspezifischen Aspekten lassen sich fünf Punkte von allgemeiner Bedeutung hervorheben:

Erstens muss die Ausbildung die Jugendlichen besser auf den Arbeitsmarkt vorbereiten, vor allem durch einen Ausbau der dualen Ausbildung. Zweitens sind Gelder in Berufsberatung und Vermittlung sowie  Einstellungszuschüssen besser angelegt als in staatlichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Letztere können sogar kontraproduktiv sein. Drittens müssen Einstellungshürden wie zu hohe Einstiegsgehälter und die Spaltung des Arbeitsmarktes in Stellen mit extrem hohem Kündigungsschutz einerseits und befristete Stellen ohne jeglichen Schutz andererseits abgebaut werden. Viertens sollte grenzüberschreitende Mobilität gefördert werden. Es ist erfreulich, dass zunehmend Jugendliche aus Spanien, Italien oder Griechenland nach Deutschland kommen, um hier zu arbeiten oder eine berufliche Ausbildung zu beginnen. Es könnten aber weitaus mehr sein. Fünftens ist es wichtig, dass Unternehmen, Gewerkschaften, staatliche Stellen und nicht zuletzt die Jugendlichen selbst gemeinsam eine Agenda für die Überwindung der Jugendarbeitslosigkeit formulieren und ihre Umsetzung überwachen.

Das Engagement der EU gegen Jugendarbeitslosigkeit sollte sich nicht in dem medienwirksamen Verkünden der Jugendgarantie erschöpfen. Es gilt, kritisch zu beobachten, ob die nationalen Programme gegen Jugendarbeitslosigkeit das halten können, was Europa versprochen hat. Wo das nicht der Fall ist, muss nachgebessert werden.