Ökonominnen und Ökonomen wieder zuversichtlicher

Die Fortschritte bei der Pandemiebekämpfung führen zu erhöhten Konjukturerwartungen für das Jahr 2022 von 3,9 auf 4,2 Prozent.

Die Konjunktur-Experten/-innen schätzen die Inflationsbefürchtungen als gering und die aktuell hohe Preissteigerungsrate als kurzfristiges Phänomen ein. Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland wurden erhöht, für das Eurogebiet hat sich nur wenig verändert. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW und Börsenzeitung.

Die Fortschritte bei der Pandemiebekämpfung in Deutschland haben zu einer Anhebung der Konjunkturprognosen geführt. Die Medianprognose für das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr liegt aktuell bei 3,5 Prozent, dies bedeutet eine Erhöhung um 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vormonat. Die Prognose für 2022 wurde von 3,9 auf 4,2 Prozent angehoben. In diesem Jahr werden vor allem die Exporte und wieder anziehende Anlageinvestitionen von den Expertinnen und Experten als konjunkturelle Treiber gesehen. Im nächsten Jahr soll das Wachstum hauptsächlich vom privaten Konsum sowie den Anlageinvestitionen der Unternehmen getragen werden. Für das Eurogebiet ist die Situation recht ähnlich, auch wenn sich diese BIP-Prognosen gegenüber den Werten des Vormonats nur wenig verändert haben. Maßgebliche konjunkturstützende Faktoren sind hier für 2021 Anlageinvestitionen, Exporte sowie Staatskonsum. In 2022 sollen vor allem der private Konsum und die Anlageinvestitionen das Wirtschaftswachstum voranbringen.

Inflationsbefürchtungen bleiben gering

Besonders interessant ist derzeit, ob sich die Inflationsprognosen spürbar verändert haben. Die Inflationsrate in Deutschland ist von 2,5 Prozent im Mai auf 2,3 Prozent im Juni gesunken. Die Jahresprognose bleibt mit 2,4 Prozent unverändert zum Vormonat. Für 2022 wird sie von 1,7 Prozent im letzten Juni-Tableau auf nun 1,9 Prozent erhöht. Dennoch bleibt ein erwarteter Rückgang der Inflationsrate im Jahr 2022 bestehen. Die Inflationsbefürchtungen bleiben somit recht gering und die aktuell vorliegende vergleichsweise hohe Preissteigerungsrate wird als kurzfristiges Phänomen betrachtet. Ganz ähnlich sieht es für das Eurogebiet aus. Die für dieses Jahr prognostizierte Inflationsrate von 1,8 Prozent (Vormonat: 1,7 Prozent) stellt bereits den oberen Wendepunkt dar. Schon für 2022 soll die Inflationsrate mit 1,4 Prozent auf das seit Jahren gewohnte niedrige Niveau zurückkehren. Entsprechend wird keine geldpolitische Reaktion der EZB erwartet und die Experten/-innen gehen weiterhin von einer sehr lockeren Geldpolitik aus. Selbst die Prognosen für langfristige Zinsen sollen 2022 im Jahresdurchschnitt kaum von null Prozent abweichen.

Rückgang der Arbeitslosenquote

Sowohl für Deutschland als auch für das Eurogebiet kommen gute Nachrichten vom Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote in Deutschland betrug im Juni 2021 nur noch 5,7 Prozent (Vormonat: 5,9 Prozent). Auf Sicht des gesamten Jahres wird eine Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent vorhergesagt, das wäre ein ganz leichter Rückgang gegenüber 2020. Im Jahr 2022 soll sich der Rückgang der Arbeitslosenquote beschleunigt fortsetzen und diese im Jahresdurchschnitt auf einen Wert von 5,3 Prozent sinken. Für das Eurogebiet sieht es nicht ganz so gut aus, aber auch hier wird ein erkennbarer Rückgang bis Ende 2022 prognostiziert. Für 2021 ist die prognostizierte Arbeitslosenquote im Eurogebiet auf jetzt 8,2 Prozent (Vormonat: 8,5 Prozent) gesenkt worden. Im nächsten Jahr soll sie weiter sinken, auf durchschnittlich 7,9 Prozent.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.

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Dr. Michael Schröder
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