Deutsche Wirtschaft bleibt hinter Eurozone zurück

Die Prognosen für 2024 deuten auf eine wirtschaftliche Stagnation hin, während für 2025 ein moderates Wachstum von 1,0 % erwartet wird.

Die Expertinnen und Experten für Konjunktur erwarten eine Stagnation der deutschen Wirtschaft für das Jahr 2024, nachdem das reale BIP im zweiten Quartal geschrumpft ist und rückläufige Investitionen als Hauptursache identifiziert wurden. Im Vergleich dazu wird für das Eurogebiet ein moderates Wachstum erwartet, wobei die deutsche Wirtschaft sowohl bei den aktuellen als auch den prognostizierten Wachstumsprognosen hinter dem Durchschnitt des Euroraums zurückbleibt. Positiv ist die gesunkene Inflation in Deutschland, die nun unter dem EZB-Ziel liegt, während die Inflationserwartungen für die kommenden Jahre unverändert bleiben. Die kurzfristigen Zinserwartungen haben sich leicht verringert, doch bleibt die Unsicherheit aufgrund der unklaren Kommunikation der EZB hoch. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung.

Das reale BIP in Deutschland schrumpfte im zweiten Quartal 2024 um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal, nachdem im ersten Quartal 2024 noch ein Wachstum in Höhe von 0,2 Prozent verzeichnet wurde. Mitverantwortlich für das rückläufige Wachstum sind insbesondere die Anlageinvestitionen, welche im zweiten Quartal um 0,5 Prozent geschrumpft sind. Die genauen Gründe für die schlechte Performance der deutschen Wirtschaft wurden zuletzt in einer Studie im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie näher beleuchtet. Passend zu den negativen Signalen aus der Realwirtschaft ist ein gestiegener Pessimismus bezüglich der kurzfristigen Wachstumserwartungen zu beobachten. Die Wachstumsprognose der Expertinnen und Experten für das Jahr 2024 sinkt um 0,1 Prozentpunkte auf einen Wert von 0,1 Prozent. Somit wird für das aktuelle Jahr de facto eine wirtschaftliche Stagnation in Deutschland erwartet. Darüber hinaus steigt die Spannweite der individuellen Wachstumserwartungen um 0,4 Prozentpunkte auf einen Wert von 1,9 Prozentpunkten. Für das Jahr 2025 wird hingegen weiterhin ein Wachstum in Höhe von 1,0 Prozent erwartet. Die Spannweite der Erwartungen sinkt um 0,2 Prozentpunkte auf einen Wert von 1,4 Prozentpunkten. Zu beachten ist bei der Interpretation dieser Zahlen insbesondere, dass unter der Expertinnen und Experten eine höhere Einigkeit über das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr herrscht wie für das aktuelle Jahr.

Deutsche Wirtschaft bleibt hinter Eurozonen-Durchschnitt zurück

Das Eurogebiet wuchs im zweiten Quartal 2024 um 0,2 %, während Deutschland beim Wachstum weiter hinter den Durchschnitt des Euroraums zurückfällt.

Die Quartalswachstumszahlen für das Eurogebiet werden mit 0,3 Prozent im ersten Quartal 2024 und 0,2 Prozent im zweiten Quartal 2024 angegeben. Die Wachstumserwartungen für das Jahr 2024 liegen bei einem Wert von 0,8 Prozent. Für das Jahr 2025 wird ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,4 Prozent erwartet. Beide Prognosen sind unverändert gegenüber dem Vormonat. Im Vergleich der aktuellen Zahlen wird somit deutlich, dass die deutsche Wirtschaft sowohl beim tatsächlichen Wachstum als auch bei den Wachstumserwartungen weiter hinter den Rest des Euroraums zurückfällt.

Sinkende Inflationsraten in Deutschland und Eurozone

Positive Nachricht gibt es bei der Entwicklung der Inflation in Deutschland sowie im Euroraum zu vermelden. Die Inflationsraten liegen im August bei 1,9 Prozent für Deutschland und 2,2 Prozent für das Eurogebiet. In beiden Fällen liegen die Werte somit um 0,4 Prozentpunkte unter den Juli-Werten. Darüber hinaus unterschreitet die Inflationsrate in Deutschland erstmalig seit Längerem wieder das Inflationsziel der EZB. Die deutlichen Verschiebungen der tatsächlichen Inflationsraten schlagen sich allerdings zumindest vorerst noch nicht in der Inflationserwartungen der Expertinnen und Experten nieder. Auf Sicht des gesamten Jahres 2024 werden sowohl für Deutschland als auch das Eurogebiet wie schon im Vormonat Inflationsraten in Höhe von 2,4 Prozent erwartet. Die prognostizierten Inflationsraten für das Jahr 2025 werden sowohl für Deutschland als auch das Eurogebiet mit 2,2 Prozent angegeben. Während sich die Inflationserwartungen für Deutschland somit nicht verändert haben, steigt die Prognose für den Euroraum leicht um 0,1 Prozentpunkte.

Leichter Rückgang der kurzfristigen Zinserwartungen

Passend zu den unveränderten Inflationserwartungen gibt es auch bei den kurzfristen Zinserwartungen nur geringfügige Verschiebungen. Die Erwartungen an die kurzfristigen Zinsen auf Sicht von drei Monaten sinken gegenüber der Umfrage aus dem Vormonat um 0,1 Prozentpunkte auf einen neuen Wert von 3,6 Punkten. Die Spannweite der Zinserwartungen liegt bei 1,4 Prozentpunkten und ist somit deutlich gestiegen (plus 0,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat). Diese Entwicklungen passen zu der unklaren Kommunikation der EZB bezüglich weiterer Zinssenkungen im aktuellen Jahr. Die Zinserwartung für das Jahr 2025 liegt hingegen unverändert bei einem Wert von 2,8 Punkten. Für das kommende Jahr werden somit weiterhin mehrere Zinsschritte prognostiziert.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.