Trotz schwachem Wirtschaftswachstum positive Entwicklung für den Arbeitsmarkt

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

Verschärfung der europäischen Geldpolitik und Inflation treiben langfristige Zinsen

Die Inflationsraten in der Eurozone steigen weiter an, während das BIP sinken wird.

Die Expertinnen und Experten für Konjunktur prognostizieren einen weiteren Anstieg der Inflationsrate für das Eurogebiet. Es gibt außerdem Zeichen für eine positive Entwicklung des Arbeitsmarkts sowie einen allmählichen Anstieg der Prognosen für kurz- und langfristige Zinsen. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung.

Internationale Lieferengpässe, Rohstoffknappheit, Einschränkungen bei der Energieversorgung und immer schneller steigende Preise dürften sich auch im nächsten Jahr noch ungünstig auf die Konjunktur auswirken. Die neueste Zusammenstellung von Prognosen für das Eurogebiet zeigt für das laufende Jahre einen leichten Rückgang der Prognosen für das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) von zuvor 2,8 Prozent auf jetzt 2,7 Prozent. Für das Jahr 2023 sinkt die Median-Prognose jedoch deutlich stärker und beträgt aktuell nur noch 2,3 Prozent; im Vormonat lag sie noch bei 2,6 Prozent.

Verbesserung der Arbeitsmarkt-Entwicklung

Der Arbeitsmarkt soll sich hingegen weiter verbessern. Die Prognosen für die Arbeitslosenquote im Eurogebiet wurden sowohl für 2022 als auch für das kommende Jahr deutlich nach unten gesetzt. Für 2022 liegt die Prognose nun bei 6,7 Prozent (zuvor 7,0 Prozent) und für das Jahr 2023 bei 6,4 Prozent (zuvor 6,8 Prozent). Das für die nächsten Jahre prognostizierte Wirtschaftswachstum ist zwar geringer angegeben als noch in den Vormonaten, aber ein Wachstum von mehr als 2 Prozent wäre im historischen Vergleich immer noch recht gut und kann zu einer weiteren Verringerung der Arbeitslosenquote führen. Durchweg positiv wird die weitere Entwicklung des Arbeitsmarkts in Deutschland gesehen. Für das Jahr 2022 liegt die Prognose der Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt (Median) bei 5,0 Prozent, für 2023 bei 4,9 Prozent. Beide Werte sind zwar leicht höher als im Vormonat, jedoch geht so gut wie keine der Prognosen im Vergleich zum aktuellen Wert der Arbeitslosenquote von 5,1 Prozent (März 2022) von einem Anstieg aus. Etliche der Expertinnen und Experten können sich eher einen noch deutlicheren Rückgang vorstellen.

Inflationsprognosen steigen für 2022 weiter an

Die nach wie vor stark anziehenden Inflationsraten im Eurogebiet lassen die Inflationsprognosen für beide Jahre 2022 und 2023 erheblich nach oben gehen. Für 2022 beträgt die Medianprognose 6,8 Prozent, im Vormonat lag sie noch bei 6,1 Prozent. Auch für das kommende Jahr steigen die Inflationsprognosen, von 2,4 Prozent (Vormonat) auf aktuell 2,7 Prozent. Nach wie vor gehen die Expertinnen und Experten jedoch von einem deutlichen Rückgang für 2023 aus. Damit diese Verlaufsprognose eintritt, müssten die Inflationsraten spätestens zum Jahreswechsel stark zurückgehen.

Anstieg der Prognosen für kurz- und langfristige Zinsen

Im Juni 2022 zeichnen sich trotz eines schwachen Wirtschaftswachstums positive Entwicklungen für den Arbeitsmarkt ab.

Nach den Ankündigungen der Europäischen Zentralbank (EZB), von der ultralockeren Geldpolitik allmählich abzurücken, gehen zum ersten Mal seit Jahren die Prognosen für die kurzfristigen Zinsen nach oben. Für das laufende Jahr wird (im Median) ein Anstieg der 3-Monatszinsen auf 0,2 Prozent vorhergesagt, für 2023 dann weiter auf 0,7 Prozent. Da die 3-Monatszinsen derzeit bei minus 0,18 Prozent liegen, bedeutet dies für 2022 einen Anstieg um 0,4 Prozentpunkte, für 2023 einen Anstieg um fast einen Prozentpunkt. Auch die langfristigen Zinsen sollen weiter ansteigen. Als treibende Faktoren kommen dabei die hohe Inflationsrate sowie die Verschärfung der europäischen Geldpolitik ins Spiel. Für das laufende Jahr sollen die langfristigen Zinsen bei 1,2 Prozent liegen. Im Vormonat betrug die Prognose noch 0,6 Prozent, und für das kommende Jahr wird ein Wert von 1,4 Prozent vorhergesagt. Die Werte gehen dabei allerdings weit auseinander. So beträgt die Maximalprognose für den 10-Jahreszins 3,1 Prozent für 2022 und 2023.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.

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