Wirtschaftserholung erst in 2022, leichte Anhebung der Inflationsprognosen

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

Ökonominnen und Ökonomen trotzdem zuversichtlich

Die aktuellen Konjunkturtableaus zeigen einen Rückgang der Median-Prognose für das reale BIP in Deutschland. Die Medianprognose für das Wachstum des BIP liegt für 2021 nur noch bei 2,7 Prozent.

Die Expertinnen und Experten für Konjunktur erwarten eine zeitliche Verschiebung der erwarteten Wirtschaftserholung auf das Jahr 2022. Doch nicht nur das Wirtschaftswachstum in Deutschland soll 2022 ansteigen, auch die Prognosen für die Inflationsrate in Deutschland und im Eurogebiet werden leicht angehoben. Das zeigen die Konjunkturtableaus vom ZEW Mannheim und der Börsen-Zeitung.

Die aktuellen Prognosen für das Wirtschaftswachstum in Deutschland wurden deutlich nach unten revidiert. Die Medianprognose für das Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegt für 2021 nur noch bei 2,7 Prozent. Zum Vergleich: Im Vormonat betrug sie noch 3,4 Prozent und am Jahresanfang sogar 4,0 Prozent. Auf Sicht von zwei Jahren hat sich allerdings nicht allzu viel verändert, da die BIP-Prognosen für 2022 gleichzeitig angehoben wurden. Aktuell beträgt die Prognose für 2022 4,6 Prozent, im Oktober lag sie bei 4,4 Prozent und im Januar noch bei 3,2 Prozent.

Verschiebung der Wirtschaftserholung auf 2022

Wenn man die Prognosen für 2021 und 2022 zusammen betrachtet, liegt das vorhergesagte BIP-Wachstum aktuell bei 7,4 Prozent. Im Vormonat betrug das prognostizierte Zweijahreswachstum 7,9 Prozent und im Januar 7,3 Prozent. Die Senkung der Wachstumsrate für das laufende Jahr bedeutet daher mit Blick auf den Zweijahreszeitraum zum größten Teil lediglich eine zeitliche Verschiebung der erwarteten starken Wirtschaftserholung auf das Jahr 2022. Mit dieser zeitlichen Verschiebung erhöht sich allerdings die Unsicherheit, da sich die Treffergenauigkeit von BIP-Prognosen für längere Zeithorizonte erheblich verschlechtert. Es ist daher zu hoffen, dass die derzeitigen – vor allem von internationalen Lieferengpässen und Rohstoffverknappung verursachten – vorhandenen Produktionsprobleme im Laufe der nächsten Monate geringer werden. Ansonsten könnte sich die BIP-Prognose für 2022 schnell als reiner Hoffnungswert darstellen, der mit der Realität nur wenig zu tun hat.

Oops, an error occurred! Code: 2024112200342914806012

Erhöhung der Inflationsprognosen: Kommt die EZB bald in Erklärungsnot?

Die Inflationsprognosen für das Eurogebiet liegt für 2021 inzwischen bei 2,3 Prozent und für 2022 bei 1,9 Prozent.

Die relativ hohen Inflationsraten der letzten Monate – der Schätzwert für Oktober liegt bei 4,5 Prozent – haben zu einer leichten Anhebung der Prognosen geführt. Im laufenden Jahr soll die durchschnittliche Inflationsrate bei 3,0 Prozent liegen, eine Anhebung um 0,3 Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat. Auch für 2022 wurden die Prognosen erhöht, von 1,9 Prozent im Oktober auf aktuell 2,1 Prozent. Bedeutsamer als die deutsche Inflationsrate ist natürlich diejenige für das Eurogebiet, wenn es um die Beurteilung der Geldpolitik der EZB geht. Die Inflationsprognosen für das Eurogebiet wurden ebenfalls leicht angehoben. Für 2021 liegt sie inzwischen bei 2,3 Prozent (Vormonat: 2,0 Prozent) und für 2022 bei 1,9 Prozent (Vormonat: 1,6 Prozent). Die Expertinnen und Experten gehen somit davon aus, dass die Verteuerung der Verbraucherpreise in beiden Jahren ungefähr dem Zielwert der EZB von 2,0 Prozent entsprechen wird. Basierend auf diesen Prognosen könnte die EZB ihre ultralockere Geldpolitik immer noch damit begründen, dass noch keine übermäßige Inflationsentwicklung vorliege. Angesichts der dynamischen Aufwärtsentwicklung der letzten Monate könnte die EZB jedoch schnell in große Erklärungsnot geraten, wenn sie die geldpolitischen Zügel nicht bald wieder strafft.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.

Kontakt

Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Michael Schröder
Zum Profil