Den Corona-Steuerhilfen in Deutschland fehlt es an Durchschlagskraft

Forschung

Die aktuelle Studie zeigt, dass die Corona-Steuerhilfen das Ausmaß der Krise nicht abfangen, dazu benötige es eine mutigere Politik und marktwirtschaftliche Umsicht.

Die bisherigen Corona-Steuerhilfen sind in Deutschland insgesamt zu zaghaft, um die Folgen der Krise abzufedern. So entlasten die Maßnahmen in ihrer aktuellen Form hauptsächlich große Unternehmen. Kleine Unternehmen und Start-ups profitieren kaum. Weitere steuerliche Maßnahmen sind daher nötig, damit deutsche Unternehmen gut aus der Krise kommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des ZEW Mannheim im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Die Studie untersucht, wie effizient und zielgerichtet die ertragsteuerlichen Maßnahmen der Bundesregierung zur Milderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise in Deutschland beitragen. Hierfür haben die Wissenschaftler/innen verschiedene ertragsteuerliche Maßnahmen evaluiert, insbesondere mit Blick auf die Ausweitung der steuerlichen Verlustverrechnung, der Erhöhung des Freibetrags für gewerbesteuerliche Hinzurechnungstatbestände sowie der Erweiterung bisher anwendbarer Abschreibungsmethoden. Die Maßnahmen sind geeignet, um die Unternehmensliquidität zu sichern und führen  zu einer zeitlichen Verschiebung der Steuerzahlung. Aufgrund des aktuellen Niedrigzinsumfelds entstehen dem Staat  dadurch keine nennenswerten Kosten. Allerdings kommt es für Unternehmen auch nicht zu einer dauerhaften Steuerentlastung.  Im Ergebnis hat die Wirkung der ergriffenen Maßnahmen für die Unternehmen laut Studie zu wenig Durchschlagskraft. Bezogen auf die Unternehmensgröße zeigt sich, dass von den betragsmäßigen Erhöhungen des Verlustrücktrags und des Freibetrags für gewerbesteuerliche Hinzurechnungen hauptsächlich mittelgroße und große Unternehmen profitierten. Dagegen werden kleinere Unternehmen sowie Start-ups zu wenig entlastet.

„Mit Blick auf das Ausmaß der Krise greifen die Maßnahmen zu kurz. Die Corona-Krise trifft die deutsche Wirtschaft deutlich härter als die Finanzkrise. Deshalb wären weitergehende Maßnahmen angemessen“, ordnet Prof. Dr. Christoph Spengel, ZEW-Forschungsprofessor sowie Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre II an der Universität Mannheim, die Ergebnisse ein.  Prof. Karl-Heinz Paqué, Vorstandsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung, ergänzt: „Das Gutachten zeigt, dass über das Steuerrecht zielgenaue, schnelle und unbürokratische Corona-Hilfen für Unternehmen möglich gewesen wären. Dazu fehlte der Politik leider der politische Mut und die marktwirtschaftliche Umsicht. Es hätte viele bürokratische und betrugsanfällige Antragsverfahren erspart.“

Steuerliche Maßnahmen ausbauen und wirkungsvoller gestalten

Für eine bessere Entlastung der Unternehmen sind weitere Maßnahmen angebracht. So würde sich unter anderem eine zeitliche Ausweitung des Verlustrücktrags vor allem für kleine und mittelgroße Unternehmen deutlich wirkungsvoller gestalten. Darüber hinaus plädieren die Wissenschaftler/innen für eine Aussetzung der Mindestbesteuerung für kriseninduzierte Verluste. Denn durch die Besteuerung von Gewinnen trotz hoher bestehender Verlustvorträge droht die Mindestbesteuerung die wirtschaftliche Erholung von Unternehmen auszubremsen. „Der krisenverschärfende Effekt  aus den Jahren 2020 und 2021 entstandenen Verlusten kann nur dann aufgehalten werden, wenn auch deren Mindestbesteuerung zeitweise ausgesetzt wird. Dadurch würde auch der Staatshaushalt nicht nennenswert belastet“, so Spengel.

Großzügigere Abschreibungsregeln kämen zudem allen Unternehmen zu Gute kommen – und stärker zukunftsgerichtete Investitionen fördern. Anstatt einer breit angelegten Förderung könnten Defizite über mehr zielgerichtete Vergünstigungen aufgeholt werden. In Betracht kommen hier beispielsweise Regelungen wie der Investitionsabzugsbetrag, von dem speziell kleine und mittlere Unternehmen profitieren können.

Andere Länder deutlich unternehmens- und wachstumsfreundlicher

Auch mit Blick in andere Länder zeigt sich, dass eine Nachjustierung der deutschen Corona-Steuerhilfen empfehlenswert ist. So haben die USA oder Großbritannien und Nordirland im Rahmen der Verlustverrechnung oder bei den Abschreibungsregeln deutlich großzügigere Sofortmaßnahmen erlassen, um die wirtschaftlichen Corona-Folgen für Unternehmen abzufedern. Damit deutsche Unternehmen künftig im internationalen Wettbewerb nicht hinterherhinken, empfehlen die Autoren/-innen der Studie der Politik deutlich unternehmens- und wachstumsfreundlichere Regelungen zu schaffen. „Jetzt kommt es darauf an, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen. Die Unternehmen wollen und müssen investieren, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Wir brauchen einen Investitionspakt für Deutschland, um die Transformation in die digitale, klimaneutrale und soziale Wirtschaft von morgen zu schaffen. Eine international wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung muss zentraler Bestandteil dieses Investitionspakts sein“, sagt Prof. Karl-Heinz Paqué.

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