Deutsche Pharmaindustrie: Trend zur Biotechnologie erfordert neue Strukturen in der Forschung

Forschung

Deutschlands Pharmabranche hat mit der weltweiten Dynamik bis Mitte der 90er Jahre nicht mithalten können. Dies zeigt sich bei Patenten ebenso wie bei neu zugelassenen Medikamenten. So ist der Anteil deutscher Pharmaunternehmen an den jeweils 50 weltweit umsatzstärksten neuen Wirkstoffen von zwölf Prozent Ende der 80er Jahre auf drei Prozent Ende der 90er Jahre gesunken. Um international nicht den Anschluss zu verlieren, muss die deutsche Pharmaindustrie den Paradigmenwechsel weg von der Chemie hin zur Biotechnologie erfolgreich meistern. Dies ist Fazit des Berichts "Zur Technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands" im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der unter Federführung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, erstellt wurde.

Die deutsche pharmazeutische Industrie muss, so die Empfehlung des Berichts, die Biotechnologie verstärkt in ihre Produkt- und Prozessentwicklung integrieren. 41 Prozent der internationalen Patentanmeldungen haben inzwischen einen Bezug zur Biotechnologie; 1991 waren es erst 31 Prozent. Dieser Paradigmenwechsel führt dazu, dass künftig praktisch kein Medikament auf den Markt kommen wird, das nicht in einer oder mehreren Phasen seines Entwicklungsprozesses mit biotechnologischen Methoden bearbeitet wurde oder von biotechnologischem Know-how profitierte.

Das Patentgeschehen wird dabei zunehmend von Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie Biotechnologie-Unternehmen geprägt, während der Anteil der großen Pharmaunternehmen an den Patentanmeldungen in den 90er Jahren stark zurückgegangen ist. Der traditionelle Weg der großen Pharmaunternehmen, Wettbewerbsvorsprünge im Wesentlichen durch interne Forschung und Entwicklung zu erzielen, ist für die Zukunft demnach allein kein Erfolg versprechender Weg. Vielmehr bildet sich eine neue Arbeitsteilung heraus, die auf der Vernetzung von Wissenschaft, kleinen Biotechnologie-Unternehmen und großen Pharmakonzernen beruht. Das Funktionieren dieser Arbeitsteilung in Deutschland ist Voraussetzung für die zukünftige technologische Leistungsfähigkeit der pharmazeutischen Industrie hierzulande, so der Bericht.

Was die Wettbewerbsposition Deutschlands im Pharmasektor insgesamt betrifft, ist Deutschland immer noch die weltweit führende Exportnation in der pharmazeutischen Industrie. Während bei Arzneimitteln die Außenhandelsvorteile in den 90er Jahren zugenommen haben, hat sich hingegen bei bio-pharmazeutischen und pharmazeutischen Wirkstoffen die relative Außenhandelsposition verschlechtert. Insbesondere in einigen Spitzentechnologien kann Deutschlands Pharmaindustrie im internationalen Wettbewerb nicht mehr mithalten.

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