Die Arbeitszeit im Homeoffice steigt langfristig stark an – vor allem in großen Unternehmen
ForschungInfolge der Corona-Pandemie erwarten Unternehmen in Deutschland einen starken und langfristigen Anstieg der Arbeitszeit, die im Homeoffice erbracht wird. Wie eine aktuelle Unternehmensbefragung des ZEW Mannheim zeigt, erwarten Unternehmen der Informationswirtschaft, dass nach der Pandemie ein durchschnittlicher Anteil von 24 Prozent der Arbeitszeit ihrer Beschäftigten von zu Hause aus geleistet wird. Vor der Pandemie lag dieser Anteil noch bei lediglich 9 Prozent der Arbeitszeit. Im Verarbeitenden Gewerbe verdoppelt sich der durchschnittliche Anteil der Arbeitszeit im Homeoffice derweil von 3 Prozent vor Corona auf 6 Prozent nach Corona. „Sowohl kleine, mittlere als auch große Unternehmen rechnen mit einem deutlichen Anstieg des Homeoffice-Anteils der Arbeitszeit. Die erwartete Verlagerung ins Homeoffice ist allerdings in großen Unternehmen am stärksten ausgeprägt“, sagt Dr. Daniel Erdsiek, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“.
An der repräsentativen Befragung beteiligten sich im Dezember 2021 und Januar 2022 über 1.000 Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe und der Informationswirtschaft, welche die IKT-Branche, Mediendienstleister und wissensintensive Dienstleister umfasst. Die Unternehmen wurden dabei gefragt, wie häufig sie vor der Pandemie hybride Arbeitsmodelle genutzt haben und welcher Einsatz für die Zeit nach der Pandemie geplant ist. Dabei reichten die abgefragten Arbeitsmodelle von wöchentlich 1 Tag Homeoffice bis zu 5 Tagen Homeoffice. Für jedes der fünf Homeoffice-Modelle gaben die Unternehmen den Anteil der Beschäftigten an, die diese Modelle voraussichtlich in Anspruch nehmen werden. Auf Basis dieser detaillierten Angaben kann der Anteil der in einem Unternehmen anfallenden Gesamtarbeitszeit abgeschätzt werden, der voraussichtlich im Homeoffice erbracht wird. Die zugrundeliegenden Annahmen sind hierfür, dass für die Beschäftigten eines Unternehmens eine Arbeitswoche aus 5 Tagen besteht und die Arbeitszeit jeweils gleichmäßig auf diese 5 Arbeitstage verteilt ist. So entspricht jeder Arbeitstag eines Beschäftigten einem Anteil von 20 Prozent seiner Arbeitszeit.
Durchschnittlicher Homeoffice-Anteil steigt deutlich an
Vor der Corona-Pandemie lag der durchschnittliche Anteil der Arbeitszeit, der aus dem Homeoffice erbracht wurde, bei 9 Prozent in Unternehmen der Informationswirtschaft und 3 Prozent in Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes. Für die Zeit nach der Pandemie erwarten die Unternehmen, dass 24 Prozent der Arbeitszeit in der Informationswirtschaft und 6 Prozent der Arbeitszeit im Verarbeitenden Gewerbe aus dem Homeoffice erfolgt. Der zeitliche Vergleich der Durchschnittswerte zeigt demnach, dass sich der Homeoffice-Anteil der Arbeitszeit nach Einschätzung der Unternehmen beider Sektoren langfristig vervielfacht. Dies gilt insbesondre für größere Unternehmen, in denen die Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice noch stärker ausgeprägt ist als in kleineren Unternehmen. So erwarten große Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten in der Informationswirtschaft, dass nach der Pandemie im Durchschnitt 38 Prozent der Arbeitszeit ihrer Beschäftigten im Homeoffice erbracht werden. Zum Vergleich: Vor der Pandemie betrug dieser Anteil noch 10 Prozent. Auch im Verarbeitenden Gewerbe sehen große Unternehmen den deutlichsten Homeoffice-Schub und rechnen mit einem Anteil von 14 Prozent der Arbeitszeit im Homeoffice nach Corona (im Vergleich zu 3 Prozent vor der Pandemie).
Deutlich mehr Unternehmen planen intensive Verlagerung ins Homeoffice
„In nur jedem zehnten Unternehmen der Informationswirtschaft wurde bereits vor der Pandemie ein Anteil von mehr als 30 Prozent der Arbeitszeit im Homeoffice erbracht. Für die Zeit nach der Pandemie rechnet nun aber ein Drittel der Unternehmen mit einer solch intensiven Homeoffice-Nutzung. Der entsprechende Unternehmensanteil hat sich im Verlauf der Pandemie also verdreifacht“, sagt Erdsiek. Insgesamt gehen 15 Prozent der Unternehmen sogar davon aus, dass langfristig mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Homeoffice erbracht wird. Die Erwartungen entsprechen auch hier dem Dreifachen des Vorkrisenniveaus. Im Verarbeitenden Gewerbe gehen hingegen nur wenige Unternehmen davon aus, dass nach der Pandemie mehr als 30 Prozent oder sogar 50 Prozent der Arbeitszeit von zu Hause aus erbracht werden. Allerdings erwartet fast jedes fünfte Unternehmen, dass nach der Pandemie mehr als 10 Prozent der Arbeitszeit aus dem Homeoffice geleistet werden (im Vergleich zu nur 4 Prozent der Unternehmen vor Corona).
„Wie häufig Unternehmen eine intensive Homeoffice-Nutzung erwarten, hängt stark mit deren Größe zusammen“, so Erdsiek. So gehen in der Informationswirtschaft 58 Prozent der großen Unternehmen davon aus, dass nach der Pandemie mehr als 30 Prozent ihrer Arbeitszeit ins Homeoffice verlagert sein werden. Knapp ein Viertel der großen Unternehmen rechnet mit einem Homeoffice-Anteil von mehr als 50 Prozent der Arbeitszeit. Bei den kleinen Unternehmen mit 5 bis 19 Beschäftigten erwarten hingegen jeweils nur etwa halb so viele Unternehmen eine vergleichbare Homeoffice-Intensität (29 Prozent bzw. 13 Prozent der Unternehmen). Dennoch verbuchen die Unternehmen aller Größenklassen einen deutlichen und langfristigen Homeoffice-Schub im Vergleich zum Vorkrisenniveau.
Im Verarbeitenden Gewerbe konzentriert sich die Verlagerung zum Homeoffice vor allem auf geringere Anteile der Gesamtarbeitszeit. Während hier fast die Hälfte der großen Unternehmen davon ausgeht, dass nach der Pandemie mehr als 10 Prozent der Arbeitszeit von zu Hause aus geleistet werden, gilt dies nur für etwa jedes zehnte der kleinen Unternehmen. Einen Anteil von mehr als 30 Prozent Heimarbeitszeit erwarten derweil 12 Prozent der großen und 6 Prozent der kleinen Unternehmen (vor Corona waren es jeweils ca. 3 Prozent). Der Anteil der Unternehmen, die erwarten, dass mehr als die Hälfte der Arbeitszeit von zu Hause aus erbracht wird, bleibt im Verarbeitenden Gewerbe allerdings für alle Unternehmensgrößen relativ unverändert und liegt bei etwa 3 Prozent.