Gesetzesvorstoß zur steuerlichen Forschungsförderung in Deutschland ist richtig, lässt sich aber verbessern
ForschungDie aktuellen Pläne der Bundesregierung für eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) für Unternehmen in Deutschland gehen zwar in die richtige Richtung, lassen sich aber noch verbessern. Der Vorstoß des Bundesfinanzministeriums für ein neues „Forschungszulagengesetz“ hat mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) die richtige Zielgruppe im Blick. Allerdings schränken die vorgesehene Begrenzung der Förderung auf Personalausgaben, die niedrige Obergrenze der Fördersumme, hohe bürokratische Kosten und die zeitliche Befristung die Wirksamkeit der Förderung deutlich ein. Mit entsprechenden Anpassungen könnte das Gesetz besser das Ziel der Bundesregierung erreichen, den Unternehmensstandort Deutschland im internationalen Vergleich zu stärken.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Bewertung des vorliegenden Vorschlags für ein Forschungszulagengesetz durch ein Team von Wissenschaftler/innen des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim. Das ZEW-Team hat den Gesetzesvorstoß geprüft und legt in einer Kurzexpertise konkrete Verbesserungsvorschläge vor, mit denen sich das Potenzial einer steuerlichen FuE-Förderung in Deutschland besser ausschöpfen ließe.
Das geplante Forschungszulagengesetz fördert allein die FuE-Aufwendungen für Löhne und Gehälter (ohne Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung). Der Fördersatz beträgt 25 Prozent auf die förderfähigen Aufwendungen, die Bemessungsgrundlage ist bei zwei Millionen Euro pro Wirtschaftsjahr und Unternehmensgruppe gedeckelt. Das bedeutet eine maximale Förderhöhe von 500.000 Euro pro Jahr. In Unternehmen mit förderfähigen FuE-Aufwendungen, die bereits im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich liegen, wird eine solche Förderung nach Einschätzung der ZEW-Wissenschaftler/innen somit so gut wie nichts bewegen.
Die geförderten Unternehmen müssen darüber hinaus eine Bescheinigung vorlegen, die nachweist, dass die beantragten FuE-Aufwendungen der Definition von FuE im Gesetz entsprechen. Dieser Umstand bringt hohe Bürokratiekosten mit sich. Dadurch wird ein großer Vorteil einer steuerlichen Förderung verspielt, nämlich die bürokratiearme und gleichzeitig kostengünstigere Abwicklung.
Schließlich soll das Gesetz nach vier Jahren auslaufen, was nicht mit der mittel- bis langfristigen Ausrichtung der FuE-Aktivitäten von Unternehmen zusammenpasst. Bei einer so kurzen Laufzeit fehlen laut ZEW-Expertise Anreize gerade für KMU, in zusätzliches FuE-Personal und neue FuE-Infrastrukturen zu investieren.
Gesetzesentwurf könnte deutlich mehr Wirkung entfalten
Insgesamt veranschlagt das Bundesfinanzministerium Ausgaben von 1,25 Milliarden Euro pro Jahr für die praktische Umsetzung der Regelungen. Berechnungen der ZEW-Wissenschaftler/innen auf Basis des Mannheimer Innovationspanels (MIP) zum Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft zeigen indessen, dass der Gesetzesvorschlag mit einer höheren Förderung bei gleichzeitig geringeren Bürokratiekosten deutlich mehr Wirkung entfalten könnte.
So sollten zunächst die gesamten FuE-Personalaufwendungen förderfähig sein. Weshalb die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung im aktuellen Gesetzesvorschlag kein Teil der förderfähigen Arbeitskosten sein sollen, ist ökonomisch nicht nachvollziehbar. Daneben ist aus Sicht des ZEW-Teams die vorgeschlagene Deckelung deutlich zu niedrig. Das hat zur Folge, dass viele mittelständische Unternehmen mit FuE-Potenzial – die sogenannten „Midrange-Unternehmen“ mit 250 bis etwa 3.000 Beschäftigten – nur für einen kleinen Teil ihrer förderfähigen FuE-Aufwendungen eine Förderung erhalten würden. Dadurch fehlen für diese Unternehmen Anreize, mehr in FuE zu investieren.
Die ZEW-Wissenschafler/innen empfehlen daher eine Kombination von höheren Deckelbeträgen mit abgestuften Fördersätzen, wie sie zum Beispiel in den Niederlanden oder Frankreich Praxis ist. Konkret sollten für das geplante Forschungszulagengesetz auch förderfähige FuE-Ausgaben zwischen zwei Millionen Euro und zehn Millionen Euro in die Bemessungsgrundlage einbezogen und mit einem niedrigeren Satz von etwa 15 Prozent gefördert werden.
"Vorschlag der Bundesregierung ist klar zu begrüßen"
Zwar weisen die ZEW-Wissenschaftler/innen darauf hin, dass die Anpassung bei der Deckelung zusätzliche Kosten der steuerlichen FuE-Förderung in Höhe von rund einer Milliarde Euro pro Jahr verursachen würde. Gespart werden könnte aber durch eine Modifikation der administrativen Ausgestaltung der Förderung. Schließlich plädieren die Forscher/innen dafür, die zeitliche Begrenzung des Gesetzes komplett fallen zu lassen, da Unternehmen für zentrale strategische Entscheidungen wie FuE Planungssicherheit benötigen.
„Der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums zeichnet sich im internationalen Vergleich zwar durch einen relativ hohen Fördersatz aus, der jedoch konterkariert wird durch die schmale Bemessungsgrundlage und eine sehr niedrige Deckelung der maximalen Fördersumme je Unternehmen. Gleichzeitig werden den Unternehmen darüber hinaus relativ hohe Antrags- und Bürokratiekosten zugemutet. Gerade in sehr kleinen Unternehmen drohen diese Kosten die vom Staat gewährte Zulage zu verschlingen. Das führt dazu, dass insbesondere kleine Unternehmen ganz auf die Förderung verzichten, was das Instrument bei einer innovationspolitisch wichtigen Zielgruppe verpuffen lässt“, fasst Dr. Georg Licht, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ sowie einer der Autoren der ZEW-Kurzexpertise, zusammen.
„Eine steuerliche Förderung von FuE in Unternehmen fehlt Deutschland bislang im Gegensatz zu vielen anderen Ländern. Der Vorschlag der Bundesregierung ist also klar zu begrüßen, damit Unternehmen hierzulande die nötigen Impulse erhalten, um mehr in neues Wissen und neue Technologien zu investieren und den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten. Allerdings zeigen unsere Analysen, dass der Gesetzesvorstoß noch zu kurz greift“, ergänzt ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, PhD.