Sinkende Aktienkurse dämpfen privaten Konsum

Forschung

Seit mehr als zwei Jahren sind die Aktienmärkte weltweit auf Talfahrt. Diese Kapitalvernichtung vermiest den Verbrauchern ein Stück weit die Lust am Konsum und beeinträchtigt so die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate.

Für Deutschland jedenfalls, so eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, schwächen sich im Durchschnitt die realen Einzelhandelsumsätze um 0,5 Prozent ab, wenn sich das Aktienvermögen um zehn Prozent vermindert. Allerdings ist dies ein Gesamteffekt, der sich allmählich einstellt und erst nach etwa zwei Jahren voll entfaltet ist. Gemessen am Rückgang des Dax um 55 Prozent seit Anfang 2000 könnten sich also die realen Einzelhandelsumsätze um insgesamt etwa 2,8 Prozent verringern. Ein Teil dieses Rückgangs dürfte bereits realisiert sein, da die Aktienkurse kontinuierlich rückläufig sind.

Ein Ausgangspunkt der ZEW-Untersuchung zum Einfluss der Aktienmärkte auf das Wirtschaftswachstum im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) war unter anderem die Überlegung, dass ein nachhaltiger Rückgang des Aktienvermögens die heutigen und zukünftigen Einnahmen aus dem Vermögen der privaten Haushalte vermindert und damit zu einem Rückgang der privaten Konsumausgaben führt.

In den angelsächsischen Ländern sind Wechselwirkungen dieser Art typischerweise noch viel stärker ausgeprägt als in Deutschland. In den USA beispielsweise würde ein Rückgang des Aktienvermögens um zehn Prozent innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren zu einer Verringerung des Konsums um etwa 0,7 Prozent führen. Die US-Aktienkurse (gemessen am Standard & Poor´s 500-Index) haben sich seit Anfang 2000 um etwa 48 Prozent vermindert. Daher ist für die USA mit einem Konsumrückgang von insgesamt etwa 3,4 Prozent zu rechnen.

Insgesamt darf die Bedeutung des Aktienmarktes für den privaten Konsum aber auch nicht überschätzt werden. So ist das Aktienvermögen der Haushalte in Deutschland vergleichsweise gering und nicht breit gestreut. Der Kursrückgang betrifft daher vor allem vermögendere Haushalte, die deshalb nicht unbedingt gleich ihren Konsum reduzieren müssen. Außerdem ist keineswegs sicher, dass der starke Einbruch an den Aktienmärkten wirklich von Dauer ist. Insbesondere bei langfristig ausgerichteten Anlegern dürfte der Einfluss auf die Konsumausgaben relativ gering sein.

Auch Negativwirkungen fallender Aktienkurse auf die Unternehmensinvestitionen können auftreten. Dies betrifft vor allem kleinere innovative Unternehmen, die seit zwei Jahren über den Aktienmarkt kein Kapital mehr aufnehmen können. Generell dürfte bei notierten Aktiengesellschaften auch die Kreditfinanzierung unter Druck kommen, da die Kursrückgänge den Unternehmenswert vermindert haben und die Banken eigene Aktienmarktverluste zu verdauen haben. Allerdings wurden von 1996 bis 2000 lediglich etwa 3,5 Prozent der deutschen Unternehmensinvestitionen direkt durch Kapitalerhöhungen oder Neuemissionen finanziert. Der Verlust an Aktienvermögen dürfte somit zwar die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate vermindern. Zum Stillstand kommt der beginnende Aufschwung dadurch jedoch nicht.

Ansprechpartner

Dr. Michael Schröder, Telefon: 0621/1235-140, E-Mail: schroeder@zew.de

Dr. Peter Westerheide, E-Mail: westerheide@zew.de