ZEW-Bankenexpertin Karolin Kirschenmann zum Klimastresstest der EZB

Kommentar

Der Finanzsektor kann nicht für eine zu wenig ambitionierte Klimapolitik einspringen, meint ZEW-Ökonomin Dr. Karolin Kirschenmann zum EZB-Klimastresstest.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute die Ergebnisse ihres Klimastresstest veröffentlicht, den sie erstmalig für 104 Banken im Euroraum durchführte. Dr. Karolin Kirschenmann, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte“, erklärt dazu:

„Dass das Ergebnis des ersten Klimastresstests der EZB für die von ihr beaufsichtigten Banken milder ausfallen würde als befürchtet, hatte sich bereits in den letzten Tagen abgezeichnet. Ob sich dieses Ergebnis in zukünftigen Stresstests mit härteren Szenarien und einer breiteren Erfassung der Bankportfolios bestätigt, bleibt allerdings abzuwarten. Zumindest sind nun zunächst mögliche zusätzliche Eigenkapitalanforderungen vom Tisch, was positiv zu verbuchen ist. So können sich Finanzinstitute und Aufseher nun auf die Rolle der Banken bei der Transformation der Wirtschaft hin zu Klimaneutralität konzentrieren, ohne sich in einem Streit über Eigenkapitalanforderungen zu verlieren. Außerdem können sie nun ihre Lehren aus dem Klimastresstest ziehen.

Die EZB fordert zurecht von den Banken, ihre individuellen Klimarisiken in die Risikomodelle zu integrieren. Diese werden sich mit zunehmender Verfügbarkeit von Daten und entsprechender Weiterentwicklung der Modelle immer besser bestimmen lassen. Viel wichtiger erscheinen jedoch die Makrorisiken, die sich aus gesamtwirtschaftlich bedeutenden Ereignissen wie andauernden Hitzewellen und besonders aus den transitorischen Risiken, beispielsweise einem unerwartet starken Anstieg des CO2-Preises mit anschließender Rezession, ergeben. Sie bedeuten nicht nur für einzelne Banken eine Herausforderung, sondern für die Stabilität des gesamten Bankensektors. Zum einen sind diese Risiken deutlich schwieriger abzuschätzen, zum anderen ist eine Absicherung komplizierter. Denn selbst wenn eine Bank ihre individuellen Klimarisiken gut gesteuert hat, so sind von den Makrorisiken die Gesamtwirtschaft und damit auch alle Banken betroffen, nicht zuletzt durch die wechselseitigen, globalen Verflechtungen.

Banken können bei der Finanzierung der notwendigen Investitionen zur Transformation der Wirtschaft eine durchaus wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig wird die Transformation hin zu Klimaneutralität und Nachhaltigkeit nicht ohne eine mutige und klare Klima- und Wirtschaftspolitik funktionieren, um die transitorischen Risiken zu minimieren. Der Finanzsektor kann die Transformation unterstützen, jedoch nicht als Ersatz für eine fehlende oder zu wenig ambitionierte Klimapolitik einspringen.“

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