ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zur BIP-Zahl des zweiten Quartals

Kommentar

„Keine Konservierungspolitik der Vor-Corona-Welt betreiben“

Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft", bewertet die niedrige Wirtschaftsleistung in Deutschland im zweiten Quartal 2020 als weiterhin lösbar.

Die deutsche Wirtschaft hat im zweiten Quartal 2020 den stärksten Rückgang der Wirtschaftsleistung erlebt, die je vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden seit Beginn der vierteljährlichen Berechnungen 1970 gemessen worden ist. Im Vergleich zum bereits sehr schwachen Vorquartal ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch einmal – preis-, saison- und kalenderbereinigt – um 10,1 Prozent gefallen. Gegenüber dem Vorjahresquartal bewegt sich die Wirtschaftsleistung damit auf einem um 11,7 Prozent verringerten Niveau. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim, kommentiert die BIP-Zahlen.

„Die Zahlen aus Wiesbaden bestätigen, was jeder bereits wusste. Die Bundesrepublik durchläuft derzeit die mit Abstand tiefste Rezession ihrer Geschichte. Dennoch sind die bedrohlich aussehenden Zahlen kein Anlass zur Panik. Die deutsche Wirtschafts- und Finanzpolitik hat mit ihren Liquiditätshilfen und dem Konjunkturprogramm vom Juni 2020 insgesamt klug und angemessen reagiert und betreibt eine erfolgreiche Schadensbegrenzung. Der Anstieg der Staatsverschuldung ist hoch, aber immer noch mühelos finanzierbar. Klar ist aber auch, dass der Einschnitt der Corona-Rezession mehr als eine einfache Konjunkturkrise ist. Die anhaltende Pandemie wird den Strukturwandel in Richtung der digitalen Ökonomie nun rasch beschleunigen. Die deutsche Politik und Gesellschaft muss einen Fehler nun unbedingt vermeiden: Und das wäre, der erfolgreichen Rettungspolitik eine chancenlose Konservierungspolitik mit Subventionierung der Vor-Corona-Welt folgen zu lassen.“ 

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