ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zur Schuldenbremse
Kommentar„Deutschlands Schuldenquote könnte 2034 die 100-Prozent-Quote überschreiten“
Union und SPD haben sich bei ihren Sondierungsgesprächen auf Sondervermögen in Milliardenhöhe und eine Lockerung der Schuldenbremse geeinigt. Der Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim und Professor an der Universität Heidelberg, Friedrich Heinemann, erklärt dazu:
„Die Einigung von Union und SPD auf eine Reform der Schuldenbremse sendet in der Verteidigungspolitik ein wichtiges Signal des Beistands an die Ukraine. Dies ist zu begrüßen. Allerdings gehen die anvisierten Lockerungen der Schuldenbremse viel zu weit. Die Idee, Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent auf Dauer nicht auf die Schuldenbremse anzurechnen, entzieht dieser Fiskalregel die Grundlage. In den kommenden Jahren dürften Verteidigungsausgaben und Ukrainehilfen von über drei Prozent des BIP notwendig sein.
Nimmt man das geplante Infrastruktur-Sondervermögen und die angedachten neuen Verschuldungsmöglichkeiten der Länder hinzu, wie sie in der Absprache enthalten sind, öffnet sich ein gewaltiges Verschuldungsfenster. In der Summe könnte die Bundesrepublik damit auf Dauer in einer konjunkturellen Normallage verfassungskonform vier Prozent des BIP schuldenfinanzieren. Damit würde sich Deutschland rasch zu den Hochschuldenstaaten der EU gesellen, schon 2034 wird die Schulden-BIP-Quote dann 100 Prozent erreichen.
Es kommt jetzt dem Bundestag mit seiner verfassungsändernden Mehrheit zu, diese unausgereiften Ideen mit einem richtigen Design zu versehen. Essenziell sind Vorgaben, dass die Verteidigungsausgaben nicht auf Dauer schuldenfinanziert werden dürfen. Es muss verbindliche Vorgaben geben, dass der Bundeshaushalt an anderer Stelle Einsparungen vornehmen muss. Auch für Deutschland ist der fiskalische Spielraum endlich. Derart hohe Schulden werden rasch vom Kapitalmarkt mit steigenden Zinsen sanktioniert werden. Innerhalb einer Woche wird jetzt möglicherweise über die fiskalische Stabilität Deutschlands in den kommenden Jahrzehnten entschieden.“