Discrimination in Grading? Experimental Evidence from Primary School
ZEW Discussion Paper Nr. 09-074 // 2009Kinder mit Migrationshintergrund zeigen in vielen industrialisierten Ländern einen Rückstand im Bildungserfolg. Der relativ geringe Bildungsstand der Eltern sowie Sprachschwierigkeiten sind wichtige Erklärungsfaktoren für die Leistungslücke zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Allerdings weiß man bislang nur wenig darüber, welche Rolle die Erwartungen der Lehrer für die Entstehung dieser Lücke spielen. Die psychologische Literatur weist auf mehrere Einusskanäle hin, über die Lehrererwartungen die Leistung von Schülern beeinussen können. Es gibt z.B. Hinweise darauf, dass die Erwartungen zu (unbewussten) Verhaltensänderungen der Lehrer führen können, wodurch die Leistung der Schüler tatsächlich beeinusst wird. Neben Änderungen im Verhalten der Lehrer könnten Lehrererwartungen sich aber auch auf die Benotung auswirken. Noten sind das wichtigste Signal der Begabung und Leistung, das die Lehrer den Schülern geben, und sie können langfristige Konsequenzen für deren schulischen Erfolg haben. Jedoch ist Benotung ein subjektiver Prozess. Obwohl Lehrer bei der Beurteilung von Schülern überwiegend Notenschemata nutzen, können viele subjektive Eindrücke (unbewusst) bei der Bestimmung der Note eine Rolle spielen. In diesem Papier wird der Effekt der über den Namen angedeuteten Herkunft eines Schülers (Migrationshintergrund oder nicht) auf die Benotung von Aufsätzen in einem Experiment ermittelt. Zu diesem Zweck verändern wir systematisch die Schülernamen bei einer Reihe von Aufsätzen von Schülern der 4.Klasse. Die Ergebnisse zeigen, dass Aufsätze mit einem türkischen Namen eine signikant schlechtere Note erhalten. Zudem sprechen Lehrer mit einer 10% geringeren Wahrscheinlichkeit eine Gymnasialempfehlung aus, wenn ein Aufsatz einen türkischen Namen trägt. Die Effekte sind relativ klein und deshalb nicht der wichtigste Erklärungsfaktor für die Leistungslücke zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund. Da Schüler mit Migrationshintergrund aber ohnehin schon mit vielen ungünstigen Umständen konfrontiert werden, scheint es erstrebenswert, diesen zusätzlichen Nachteil zu beseitigen. Die Notenverzerrung und die geringeren Lehrererwartungen treten nur bei einer kleinen Gruppe von Lehrern auf. Die meisten Lehrer lassen sich also nicht bei der Benotung und in ihren Erwartungen durch die Herkunft der Schüler beeinussen. Es sollte daher möglich sein, die negativen Effekte der Lehrererwartungen auch in der betroffenen Gruppe von Lehrern zu beseitigen. Zum Beispiel könnte eine Weiterbildung, die das Bewusstsein für diese Effekte steigert, dazu beitragen, die negativen Folgen von unterschiedlichen Lehrererwartungen zu verringern.
Sprietsma, Maresa (2009), Discrimination in Grading? Experimental Evidence from Primary School, ZEW Discussion Paper Nr. 09-074, Mannheim.