European Telecommunication Regulation - Effects on Telecommunication Providers
ZEW Discussion Paper Nr. 10-088 // 2010Die Regulierung des Telekommunikationssektor folgt in der Europäischen Union (EU) einem zweistufigen System, bei dem zunächst das Europäische Parlament gemeinsam mit der Europäischen Kommission und den Regierungen der Mitgliedsstaaten das gemeinsame Regulierungssystem vorgeben, welches auf nationaler Ebene umzusetzen ist. Zusätzlich kann die Kommission auch direkt in das Marktgeschehen eingreifen, wenn sie eine nationale oder internationale Marktsituation als unzureichend vor dem Hintergrund der gemeinsamen Vorgaben erachtet. Bekannte Beispiele für solche Interventionen sind die internationale Mobilfunk-Roaming-Vereinbarung (2006), die gemeinsame Netznutzung unterschiedlicher Mobilfunkanbieter in Großbritannien und Deutschland (beide 2003) und der Missbrauch einer dominanten Marktposition durch Telefonica (2007). Der Kommission stehen drei unterschiedliche Instrumente zur Intervention zur Verfügung: Erstens kann sie nationale Regierungen und Regulierungsbehörden bei Problemen auf internationaler Ebene (bspw. die internationale Mobilfunk-Roaming-Vereinbarung) adressieren. Zweitens greift die Kommission in nationale Märkte ein, wenn ein nationaler Regulierungsansatz einzelne Unternehmen begünstigt (bspw. die gemeinsame Netznutzung unterschiedlicher Mobilfunkanbieter). Drittens interveniert die Kommission auch gegen einzelne Unternehmen (das Marktmissbrauch-Beispiel). In diesem Papier vergleiche ich die Ergebnisse der drei unterschiedlichen Interventionsarten. Da Anpassungen von Regulierungsmaßnahmen eine langfristige Veränderung der Marktsituation zu mehr Wettbewerb herbeiführen wollen, kann man nur schwer das Ergebnis der Regulierungsanpassung von weiteren langfristig marktbeeinflussenden Faktoren isolieren. Klassische ökonometrische Verfahren der Industrieökonomik können zur Evaluation von Regulierungsentscheidungen daher nur bedingt herangezogen werden. Um dieser Herausforderung begegnen zu können, verwende ich eine Ereignisstudie, die den direkten Effekt von Regulierungsankündigungen durch die Veränderung der Aktienkurse der betroffenen Unternehmen misst. Es ergeben sich signifikant positive Effekte der ersten beiden Interventionsansätze (bei denen mehrere Mitgliedsstaaten oder einzelne nationale Märkte adressiert werden), die zeigen, dass Eigentümer der betroffenen Unternehmen durch die Interventionen eine Verbesserung der Marktsituation erwarten. Im Gegensatz dazu hat die Intervention gegen einzelne Unternehmen einen negativen Einfluss auf deren Aktienkurse aber keinen auf Wettbewerber im gleichen Markt. Während Aktienkursvolatilitäten nicht signifikant durch die ersten beiden Interventionsarten verändert werden, führt die letzte zu einer signifikanten Reduktion der Volatilität, was auf eine gleichgerichtetere Reaktion der Aktionäre hindeutet. Aus diesen Ergebnissen lassen sich zentrale Schlussfolgerungen für die europäische Regulierungspraxis ableiten: Kommissionsentscheidungen kompensieren neu eingetretene Wettbewerber für eine zunächst schlechtere Ausgangsposition gegenüber etablierten Anbietern. Vergleicht man die einzelnen Ansätze, so verfolgen gerade der zweite und der dritte (teilweise) identische Ziele. Die Betrachtung der Aktienkursvolatilitäten nach einer Ankündigung zeigt, dass die Stufe der nationalen Anpassung bei der zweiten Interventionsart zu einer zusätzlichen Unsicherheit über deren nationale Umsetzung für Marktteilnehmer führt, da nationale Regierungen und Regulierer Einfluss nehmen. In Fällen, in denen beide Ansätze anwendbar sind, zeigen daher die Schätzergebnisse, dass der dritte Ansatz dem zweiten vorgezogen werden sollte.
Veith, Tobias (2010), European Telecommunication Regulation - Effects on Telecommunication Providers, ZEW Discussion Paper Nr. 10-088, Mannheim.