School Entrance Recommendation: A Question of Age or Development?
ZEW Discussion Paper Nr. 10-047 // 2010In Deutschland gilt die gesetzliche Schulpflicht für Kinder mit Erreichen des sechsten Lebensjahres. Die Einschulung gemäß dem feststehenden Stichtag im August oder September führt jedoch dazu, dass manche Erstklässler gerade erst sechs Jahre alt sind, wohingegen andere bald schon sieben Jahre alt werden. Diese Unterschiede im Alter zeigen sich auch in der Entwicklung der Kinder, so dass ältere Kinder in Tests und Klassenarbeiten im Durchschnitt bessere Ergebnisse zeigen, als ihre jüngeren Klassenkameraden. Obwohl sich diese Entwicklungsunterschiede nach der Grundschule verringern, können sie dennoch den Bildungsverlauf entscheidend beeinflussen. Dies gilt insbesondere für Deutschland, wo sehr früh darüber entschieden wird, welche weiterführende Schule ein Kind besucht. Eine Möglichkeit, Entwicklungsunterschiede früh zu erkennen, bietet die Schuleingangsuntersuchung, die deutschlandweit im Jahr der Einschulung durchgeführt wird. Obwohl sie primär der Gesundheitsberichterstattung dient, wird aus den Ergebnissen der Entwicklungsdiagnostik auch eine Empfehlung für die Einschulung abgeleitet. Der untersuchende Arzt kann empfehlen, Kinder mit Defiziten in der kognitiven, sozio-emotionalen oder motorischen Entwicklung ein Jahr vom Schulbesuch zurückzustellen. Dieses Papier untersucht den Einfluss des Alters und des Entwicklungsstandes auf die Wahrscheinlichkeit, für die Schule empfohlen zu werden, und wie sich eine Zurückstellung auf den Entwicklungsstand auswirkt. Für die Analysen werden die Daten der Schuleingangsuntersuchung des Bundeslandes Brandenburg genutzt. Die Ergebnisse zeigen, dass Defizite in der kognitiven, sozio-emotionalen oder motorischen Entwicklung sowie gesundheitliche Einschränkungen die Wahrscheinlichkeit senken, eine Einschulungsempfehlung zu erhalten. Darüber hinaus werden jüngere Kinder häufiger vom Schulbesuch zurück gestellt. Gleichzeitig holen sie aber stärker auf als vergleichbare ältere Kinder. Nichtsdestotrotz weisen nicht empfohlene Kinder auch im Folgejahr noch immer überdurchschnittlich häufig Entwicklungsrückstände auf. Während bei einer stichtagsgebundenen Einschulungsregelung lediglich das Alter der Kinder maßgeblich ist, berücksichtigt eine zusätzlich durchgeführte Schuleingangsuntersuchung auch deren Entwicklungsstand. Durch die Zurückstellung von jüngeren Kindern und solchen mit Entwicklungsauffälligkeiten trägt die Schuleingangsuntersuchung dazu bei, Alters- und Entwicklungsunterschiede auszugleichen. Generell könnten weniger strikte Einschulungsregeln - die neben dem Alter auch den Entwicklungsstand berücksichtigen - dazu beitragen, Nachteile besonders für junge Kinder zu verringern.
Horstschräer, Julia und Grit Mühler (2010), School Entrance Recommendation: A Question of Age or Development?, ZEW Discussion Paper Nr. 10-047, Mannheim.