Stand und Perspektiven der Evaluation der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Deutschland
ZEW Discussion Paper Nr. 02-13 // 2002Diese Arbeit gibt einen Überblick der Konzeption und der Evaluation der Aktiven Arbeitsmarktpolitik (AAMP) in Deutschland. Die rechtliche Grundlage der AAMP stellte von 1969 bis 1997 das Arbeitsförderungsgesetz (AFG)dar. 1998 wurde dieses durch das Sozialgesetzbuch (SGB) III abgelöst. Während das AFG noch unter Bedingungen der Vollbeschäftigung eingeführt wurde und auch eine generelle Verbesserung der Funktionsweise des Arbeitsmarktes vorsah, erfolgte im Zeitablauf eine stärkere Ausrichtung der AAMP auf die Wiedereingliederung von Problemgruppen in den Arbeitsmarkt. Das SGB III in Ansätzen eine Erfolgskontrolle der AAMP vorsieht und trotz der hohen fiskalischen Kosten (43 Mrd DM im Jahr 2001) fehlt bisher eine umfassende Evaluation der Wirkungen der AAMP unter Berücksichtigung der Kosten. Die Arbeit stellt die grundlegenden methodischen Probleme einer aussagekräftigen Evaluation dar. Die mikroökonomische Evaluation untersucht, ob die Teilnahme an einem arbeitsmarktpolitischen Programm zu einem Erfolg im Hinblick auf individuelle Zielgrößen wie Beschäftigung oder Verdienst führt. Um den durchschnittlichen Erfolg zu bestimmen, muss geschätzt werden, wie die individuelle Zielerreichung ausgefallen wäre, hätte die Person nicht an dem Programm teilgenommen. Eine solche Schätzung erfolgt typischerweise auf Basis der Informationen der Nichtteilnehmer, wobei dem möglichen Problem der Nichtvergleichbarkeit von Teilnehmern und Nichtteilnehmern (Selektionsverzerrung) Rechnung zu tragen ist. Die Selektionsverzerrung kann auf beobachteten und nicht beobachteten Variablen beruhen. Die Arbeit skizziert die wichtigsten methodischen Ansätze, einen adäquaten Vergleichsmaßstab zur Erfolgsmessung zu schätzen. Zur umfassenden mikroökonomischen Erfolgsmessung ist der geschätzte individuelle Erfolg den Kosten der Maßnahme gegenüberzustellen. Eine makroökonomische Evaluation muss auch die Rückwirkungen der AAMP auf die Nichtteilnehmer und die Funktionsweise des Arbeitsmarktes mit einbeziehen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass AAMP meist gerade dann ausgeweitet wird, wenn die Arbeitsmarktprobleme zunehmen (Endogenität der AAMP). Im weiteren Teil der Arbeit wird die Ausgestaltung und Umfang der AAMP in Deutschland nach dem AFG und dem SGB III beschrieben. Die wichtigsten Maßnahmen sind die verschiedenen Formen der Förderung der beruflichen Weiterbildung und der öffentlich geförderten Beschäftigung. Weiterhin werden neuere arbeitsmarktpolitische Ansätze und die damit einhergehenden Anstrengungen zur Evaluation ihrer Wirkungen dargestellt. Es zeigt sich, dass auf der politischen Seite in der Vergangenheit offenbar kein großes Interesse an einer wissenschaftlichen Evaluation der gelegentlich erratischen AAMP bestand. Dementsprechend wurden der Wissenschaft keine angemessenen Datensätze für eine wissenschaftliche Evaluation der mikroökonomischen Wirkungen der AAMP zur Verfügung gestellt. Die bisher von wissenschaftlicher Seite vorgelegten Evaluationsstudien zeichnen ein eher negatives Bild der Wirkungen der AAMP. Allerdings beruhen diese Studien auf Umfragedaten, die wegen geringer Fallzahlen und zu geringer Detailinformationen kein verlässlichen Schlussfolgerungen ermöglichen. In der jüngeren Vergangenheit wächst auf politischer Seite das Interesse an einer aussagekräftigen Evaluation der AAMP (siehe Job-Aqtiv-Gesetz). Allerdings besteht das Risiko, dass sich einige in jüngster Zeit von der politischen Seite unternommenen Anstrengungen zur Förderung der Evaluation als kontraproduktiv erweisen können.
Fitzenberger, Bernd und Reinhard Hujer (2002), Stand und Perspektiven der Evaluation der aktiven Arbeitsmarktpolitik in Deutschland, ZEW Discussion Paper Nr. 02-13, Mannheim.