Wettbewerb der Steuersysteme in Europa - eine vergleichende Analyse am Beispiel der Region Oberrheingraben unter Einbeziehung aktueller Reformvorschläge
ZEW Discussion Paper Nr. 97-21 // 1997Infolge der Globalisierung des Wettbewerbs und verstärkter Maßnahmen zum Abbau von Handelsbarrieren in der Europäischen Union tritt die Bedeutung von Ländergrenzen für unternehmerische Handlungen zunehmend in den Hintergrund. Dies kann zu einem erhöhten Wettbewerb in Grenzgebieten führen. Insbesondere dann wenn drei oder mehr Länder zusammentreffen steigt die Attraktivität von Regionen als Unternehmensstandort. Vor diesem Hintergrund war es Zielsetzung des Beitrags, die Region Oberrheingraben und die dahinter stehenden Steuersysteme Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz zu untersuchen und zu überprüfen, inwieweit sie aus steuerlicher Sicht als einheitlicher Unternehmensstandort beurteilt werden kann.Die Analyse hat gezeigt, daß die aufeinandertreffenden Steuersysteme sowohl in ihrer Struktur als auch von der Finanzverfassung her sehr heterogen sind. Anhand eines qualitativen und quantitativen Belastungsvergleichs konnte festgestellt werden, daß die Steuerbelastung in der Schweiz durchweg am geringsten ist. Betrachtet man die Steuerbelastung auf Unternehmensebene, so werden deutsche Kapitalgesellschaften am stärksten belastet. Bezieht man die Gesellschafter mit ein, so ist die Belastung in Frankreich am höchsten. Die deutschen Steuersenkungsmaßnahmen zum 1.1.98 reichen nicht aus, um den Wettbewerbsnachteil deutscher Unternehmen gegenüber schweizerischen auszugleichen. Dagegen wäre mit Umsetzung der Vorschläge zur "Großen Steuerreform 1999" in Deutschland eine derartige Absenkung der Unternehmenssteuern möglich gewesen, so daß die deutsche Belastung im Drei-Länder-Vergleich erstmals am geringsten wäre, wodurch der Standort Deutschland erheblich an Attraktivität gewinnen würde. Die Erhöhung der Körperschaftsteuer in Frankreich zur Erfüllung der Euro-Kriterien bewirkt genau das Gegenteil.Mit Blick auf die Region Oberrheingraben wurden auch die regionalen Unterschiede der Steuerbelastung untersucht. Es wurde gezeigt, daß die Belastung im deutschen Teil der Region überall weitgehend das gleiche Niveau aufweist. Dagegen können in Frankreich und der Schweiz je nach Gemeinde erhebliche Schwankungen auftreten. Dennoch ändert sich die Rangfolge der Steuerbelastung gegenüber der nationalen Betrachtung nicht.Bezieht man aber die Auswirkungen regionalspezifischer Steuerbefreiungen in den Belastungsvergleich mit ein, welche für Unternehmensneugründungen nach französischem und schweizerischem Steuerrecht gewährt werden, dann verändert sich die steuerliche Standortattraktivität völlig. So gelingt es bei Neugründung von Unternehmen die Steuerbelastung in Colmar auf bis zu 5% abzusenken. In der Schweiz gelingt dies immerhin bis auf ein Niveau von ca. 10%. Unter Berücksichtigung dieser Maßnahmen verliert die deutsche Teilregion als Standort völlig an Attraktivität.
Eckerle, Tobias (1997), Wettbewerb der Steuersysteme in Europa - eine vergleichende Analyse am Beispiel der Region Oberrheingraben unter Einbeziehung aktueller Reformvorschläge, ZEW Discussion Paper Nr. 97-21, Mannheim.