Geht es um die Frage, wie die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte am besten zu bewerkstelligen sei, sehen viele Unternehmer und ihre Verbandsvertreter bei den staatlichen Subventionen regelmäßig den prioritären Handlungsbedarf. Allerdings ist die Rede dann wohlweislich davon, dass Subventionen "auf den Prüfstand gestellt" oder "durchforstet" werden müssten. Denn eine Forderung nach vollständigem Abbau befände sich doch allzu sehr in der Nähe der Heuchelei, denn Subventionen für die eigene Branche sind selbstverständlich tabu, weil volkswirtschaftlich höchst wertvoll.

Das jüngste Beispiel für branchenspezifische Begehrlichkeiten findet sich im zweiten Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) vom Mai 2011. Nach einer Darstellung der Umsetzung des einschlägigen Leitbildes kommt das Gutachten auf die notwendige staatliche Förderung zu sprechen. Ohne Anreizmaßnahmen würde das Vorhaben, bis zum Jahr 2020 eine Millionen Elektrofahrzeuge zu verkaufen, nicht gelingen, sondern deren Anzahl beliefe sich dann nur auf knapp die Hälfte. Zur Belebung der defizitären Nachfrage schlägt die NPE staatliche Fördermaßnahmen vor. Diese reichen von Sonderabschreibungen beim gewerblichen Erwerb von Elektrofahrzeugen über zinsgünstige Kredite der KfW bis hin zur Gewährung jährlicher Steuererleichterungen, die sich an der Speicherkapazität eines Elektrofahrzeugs orientieren sollen. Hinzu kommen Investitionskosten für den Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur.

Im Anhang des Berichts wird sehr viel Energie auf eine quantitative Abschätzung der gesamtwirtschaftlichen Effekte der Elektromobilität im Hinblick auf Arbeitsplätze und Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen verwendet. Bei einem "realistischen Szenario" trügen sich die Kosten der Frühförderstrategie ab dem Jahr 2015 zu großen Teilen selbst und ab dem Jahr 2018 entstünde sogar ein Haushaltsüberschuss. Über eine alternative Verwendung der staatlichen Fördermittel und den daraus folgenden Wohlstandseffekten schweigen sich die Einschätzungen aus. Ein Schuft, dem das alles allzu bekannt vorkommt.

Die NPE steht mit solchem Ansinnen indessen nicht alleine da. Entsprechende Begehrlichkeiten anderer Branchen sind Legion. Die Argumentationsmuster laufen stets nach dem gleichen Schema ab: Marktversagen – Wettbewerbsverzerrungen, weil anderswo gefördert wird – Arbeitsplatzgewinne – Subventionen nur als Anschubfinanzierung, die sich letztlich selbst tragen.

In der Tat rechtfertigt ein Marktversagen unter bestimmten Voraussetzungen einen Staatseingriff. Der Staat befindet sich jedoch nur dann in der Pflicht, wenn die zur Rede stehenden Aufgaben vom privaten Sektor nicht oder nur wesentlich schlechter erledigt werden können. Kriterien für das Urteil, ob Marktversagen vorliegt, sind die Effizienz, die Verteilungsgerechtigkeit oder eine mögliche Instabilität des privaten Sektors. Im Hinblick auf die Elektromobilität könnte allenfalls das Effizienzkriterium tragen, also Tatbestände in Form von öffentlichen Gütern (fehlende Ausschließbarkeit von Nutzen), eines natürlichen Monopols (Produktion unter hohen Fixkosten und niedrigen Grenzkosten), unvollständiger Information und externer Effekte. Die zuletzt genannten Wirkungen liegen beispielsweise vor, wenn die Produktion eines Unternehmens den Nutzen anderer Akteure beeinflusst. Das mag bei Elektroautos nicht von der Hand zu weisen sein, wenn deren Nutzung mit einer geringeren Umweltbelastung einhergeht.

Selbst dies einmal unterstellt, so ist die zweite Bedingung für die Rechtfertigung eines Staatseingriffs nicht erfüllt, nämlich dass der Staat es besser kann als der private Sektor. So ganz unumstritten ist die Elektromobilität selbst unter Fachleuten nicht. Aber wenn die Unternehmen von der Tragfähigkeit dieser Technologie überzeugt sind, werden sie aus eigenem Antrieb die notwendigen Investitionen tätigen, zumal die Gewinnsituation der Automobilunternehmen nicht beklagenswert erscheint. Außerdem ist der Staat nicht schuld daran, dass andere Länder mit der Entwicklung einschlägiger Batterien womöglich weiter sind als heimische Unternehmen, und haftet nicht für eventuelle diesbezügliche Versäumnisse.

Vor einer gezielten staatlichen Förderung der Elektroautos ist mithin abzuraten, nicht notwendigerweise indes von einer allgemeinen steuerlichen Begünstigung für Forschung und Entwicklung.

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Wolfgang Franz
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz
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