ZEW-Umweltökonomen zur Weltklimakonferenz COP20 in Lima - "Der UN-Prozess zeigt Kosten und Nutzen des Klimaschutzes"
KommentarDie 195 Teilnehmerländer bei der 20. UN-Klimakonferenz in Lima tun sich schwer damit, nach offiziellem Zeitplan einen Entwurf für neue Klimazielvereinbarungen vorzulegen. Die Weichenstellung für die nächste UN-Klimakonferenz 2015 in Paris, wo ein neues Abkommen mit verbindlichen Klimazielen das Kyoto-Protokoll ablösen soll, lässt also auf sich warten. Dr. Klaus Rennings, kommissarischer Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement“, und Dr. Oliver Schenker, kommissarischer stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs, geben eine Einschätzung zur Lage der Verhandlungen - und sehen, dass in der peruanischen Hauptstadt wiederholte Spiele gespielt werden.
"Die Zielgerade auf dem Weg zu einem umfassenden Klimaabkommen ist holpriger und das Ziel weniger ambitioniert, als sich das viele wünschen und als nötig wäre, um den Klimawandel einigermaßen im Griff zu behalten. Aber trotz aller Unvollkommenheit: Wir sind heute näher an einer umfassenden Selbstverpflichtung vieler wichtiger Emittenten, die CO2-Emissionen zu reduzieren, als wir das je waren.
Man sollte die Erwartungen realistisch einschätzen und sich nicht vom ganzen Brimborium an diesen großen UN-Gipfeln täuschen lassen. Egal, wie verbindlich ein Abkommen formuliert wird: Schlussendlich ist jeder Staat souverän in seinen Handlungen und wird sich im Zweifel auch nicht von einem Abkommen in seinen Emissionen einschränken lassen. Ein solches Abkommen spiegelt deswegen immer nur den kleinsten gemeinsamen Nenner wider. Wie klein der ist, kann man sich leicht ausmalen, wenn man sich vorstellt, dass sowohl die ölproduzierenden Länder als auch die pazifischen Inselstaaten mit am Tisch sitzen.
Insofern ist es auch schon ein Fortschritt, den globalen Klimaschutzprozess, einschließlich eines Monitoring-Prozesses, wieder in Schwung und in die richtige Richtung, statt ihn vollständig zum Erliegen zu bringen oder in eine Sackgasse zu manövrieren.
Ökonomisch gesehen ist eine Selbstverpflichtung - im Englischen heißt es treffender 'Negotiated Agreements' (was darauf hinweist, dass es sich keineswegs um eine einseitige Verpflichtung handelt, sondern das Ergebnis von Verhandlungen ist) - mit integriertem Monitoring eine Art wiederholtes Spiel.
So erfüllen der UN-Prozess und die Selbstverpflichtung der Länder eine wichtige Funktion: Sie machen die Handlungen der Staaten betreffend Klimaschutz transparenter und sorgen damit auch für mehr Sicherheit für Investoren und Innovatoren. Letztlich generieren sie auch zusätzliche Informationen und Sicherheit über die Kosten und Nutzen des Klimaschutzes.
Auch Deutschland hat in den 1990er Jahren - die Umweltministerin hieß damals Angela Merkel - seine Klimapolitik mit einer Selbstverpflichtung begonnen, die damals viel Kritik einstecken musste und als zu unambitioniert galt. Selbstverpflichtungen bringen, wenn kein Drohpotential besteht, nicht mehr hervor, als das was sowieso getan worden wäre, mit anderen Worten: 'Business as usual'.
Die Selbstverpflichtung der deutschen Industrie hat aber auch den rollenden klimapolitischen Schneeball in Deutschland zumindest nicht bremsen können, der inzwischen zu einer ansehnlichen Lawine - der Energiewende - geworden ist.
Vor diesem Hintergrund kann es schon als Erfolg von Lima angesehen werden, den globalen Prozess aufrecht zu erhalten und ihm eine Perspektive für Paris 2015 und darüber hinaus zu geben. Auch das wäre schon ein kleiner Aufbruch."