Wirtschaftspolitik aus erster Hand am ZEW – BITKOM-Präsident und DATEV-Chef Prof. Dieter Kempf: "Daten sind das neue Öl"

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Prof. Dieter Kempf beim Vortrag am ZEW

Für den Vorstandsvorsitzenden des Softwarehauses DATEV eG und Präsidenten des IT-Branchenverbandes BITKOM, Professor Dieter Kempf, sind Daten das Öl des nächsten Jahrhunderts. "Daten sind ein wertvoller Rohstoff", sagte Kempf in seinem Vortrag vor rund 110 Gästen am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). In der ZEW-Reihe Wirtschaftspolitik aus erster Hand am 2. März 2015 befasste sich Kempf mit der Frage "Sind Daten die Währung von morgen?" Er sprach sich dabei für die Analyse und Echtzeitauswertung großer Datenmengen aus mit der Möglichkeit, dadurch volkswirtschaftlich positive Effekte zu erzielen.

Daten im WWW – eine weltweite Währung? Noch nicht, meint Dieter Kempf, aber das Potenzial dazu sei vorhanden. Nach Ansicht des studierten Betriebswirts gibt es keine kostenlosen Dienstleistungen im Internet. Vielmehr sei die Bezahlung mit Daten bereits gang und gäbe – nur verdiene der Einzelne bisher nichts daran. Soziale Netzwerke und Suchmaschinen generierten Werbeerlöse dank Nutzerdaten auf ihren Plattformen, ohne dass der Nutzer davon unmittelbar profitiere. "Daten sind wertvoll – auch für den, der sie preisgibt", so Kempf.  Da sich die Welt signifikant gewandelt habe, Datensparsamkeit nicht mehr zeitgemäß sei und die heutige Informationsgesellschaft an der Schwelle zu einer Datenökonomie stehe, müsse ein neues Postulat her: "Wir brauchen Big Data Analytics."

Die Analyse großer komplexer Datenmengen in Echtzeit gestatte das Erkennen von Zusammenhängen und Mustern etwa im Verkehr- oder Gesundheitswesen. Kempfs Beispiel: Ein Umfang von zwei Terabyte gesammelter Informationen zu einem bestimmten Krebspatienten und seinem Krankheitsbild sowie zu möglichen Therapien und Medikamenten verspreche am Ende deutlich höhere Heilungschancen. "Mit Big Data können bessere individuelle Behandlungsmethoden ermöglicht werden", gab sich Kempf überzeugt.

Auch in Sachen Verkehr versprächen große Datenmengen messbare Erfolge. Kempfs Beispiel: In Stockholm habe die Echtzeitauswertung von 250.000 anonymisierten GPS-Daten von Autofahrern pro Sekunde dazu geführt, dass sich die verkehrsbedingten Schadstoffemissionen in der schwedischen Hauptstadt um 20 Prozent verringert hätten. Eine BITKOM-eigene Umfrage zeige zudem: Datenströme zur Verkehrslenkung könnten Deutschland einen volkswirtschaftlichen Nutzen von gut 4,4 Milliarden Euro bringen, etwa durch die Vermeidung von Staus oder schnellere Verladezeiten von Transportgütern.

Neben der Darstellung der Vorteile wies Kempf jedoch auch auf Probleme und Hindernisse der zunehmenden Digitalisierung hin. "Wir haben bisher nur wenige Spezialisten, die die Analyse großer Datenmengen beherrschen." Mit Blick auf den Sicherheitsaspekt und die Gefahr eines Missbrauchs betonte er, dass Datennutzung und Datenschutz unbedingt zusammengehörten.

Ein probates Mittel, um sensible Informationen zu schützen, seien Anonymisierung und Pseudonymisierung sowie Kryptografie, also die Verschlüsselung von Daten. Wirkungsvoller Schutz sei schließlich teuer und unbequem, aber auch unerlässlich. Kempf forderte daher keine Abkehr vom Datenschutzgedanken, sondern eine Umkehr im Denken über Datenschutz: "Der Spagat zwischen sinnvollem Nutzen und sinnvollem Schutz der Nutzer muss in Zukunft das Ziel sein."

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Felix Kretz
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