ZEW-Präsident Wolfgang Franz zum Thema "Bad Bank"

Standpunkt

Die Stabilisierung des Bankensektors ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Der Flächenbrand ist zwar eingedämmt, aber es scheint ein Schwelbrand entstanden zu sein. Dem muss der Staat nun - wenngleich zähneknirschend - mit neuen Maßnahmen begegnen. Aktuell geht es darum, die Bankbilanzen von "toxischen Wertpapieren" zu entsorgen. Denn deren Wertberichtigungen nehmen immer gravierendere Ausmaße an, in deren Folge ständige Erhöhungen des Eigenkapitals erforderlich werden. Es droht eine diesbezügliche Abwärtsspirale, die es zu verhindern gilt.

Als Lösung dieses Problems bieten sich im Wesentlichen zwei Modelle an. Das erste besteht aus der Einrichtung einer "Bad Bank". Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Einrichtung einer Institution etwa in Gestalt eines Sicherungsfonds, der den Banken in irgendeiner Form die vergifteten Wertpapiere abnimmt. Dabei ergeben sich eine Reihe von Fragen. Welche Wertpapiere dürfen von den Banken als "toxisch" deklariert werden - lediglich die Hypothekenkredite aus den Vereinigten Staaten und entsprechende Derivate oder zudem griechische Staatsanleihen? Sie sind derzeit bereits mit einem kräftigen Risikoaufschlag versehen. Kann überhaupt der Preis dieser vergifteten Wertpapiere bei Übertragung an die Bad Bank ermittelt werden und falls - wie allgemein zu hören ist - dies nicht möglich ist, wie kann verhindert werden, dass die Banken überhöhte Preise für diese Wertpapiere angeben und den Erwerber damit über den Tisch ziehen? Und schließlich geht es um Verteilungsaspekte. Welche Last haben die Eigentümer der Banken zu tragen? Kommen beispielsweise die Aktionäre ungeschoren davon oder büßen sie durch erhebliche Kursverluste in ihrem Besitz befindlicher Bankaktien? Das zweite Modell stellt eine radikale, aber ökonomisch gesehen nicht von vornherein unsinnige Lösung dar, wie sie unter anderen der letztjährige Nobelpreisträger Paul Krugmann vertritt. Danach werden die in Frage kommenden Banken temporär unter staatliche Obhut gestellt, wieder funktionstüchtig gemacht und anschließend an private Investoren verkauft. Natürlich sollte der Staat die Erneuerung der Bank nicht selbst unternehmen, sondern sich einschlägig ausgewiesener Fachleute bedienen. Verstaatlichung heißt, dass die Aktionäre der betreffenden Bank zunächst einmal einen Wertverlust ihrer Aktien hinnehmen müssen, der sich aber später abmildern kann, falls der Staat beim Verkauf einen Gewinn macht und diesen (teilweise) an die Aktionäre verteilt. Der Vorteil dieses Modells liegt auf der Hand, nämlich dass die Bewertungsproblematik der vergifteten Wertpapiere entfällt. Allerdings stellt die Verstaatlichung von Banken für jeden Marktwirtschaftler eine Horrorvision dar. Lediglich Alt-68er sähen vielleicht realisiert, was sie selbst in ihren kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten hätten. Daher kann eine Zwischenlösung ins Blickfeld genommen werden, nämlich eine "Bad Bank light". Sie schützt die Banken vor immer neuen Wertberichtigungen, ohne den Steuerzahlern sämtliche Verluste aufzubürden. Der Staat übernimmt die vergifteten Wertpapiere und gibt den Banken dafür "Ausgleichsforderungen" anstelle von Liquidität. Dieser Ausgleichsforderungen hat man sich bereits bei der Finanzierung der Wiedervereinigung bedient. Bei Fälligkeit der vergifteten Wertpapiere müsste der Staat zwar für den Wertverlust einstehen. Jedoch könnte er über einen längeren Zeitraum von den Banken Gebühren oder einen Teil ihrer späteren Gewinne als Kompensation erhalten, etwa mit Hilfe des in der Privatwirtschaft bekannten "Besserungsscheins", bei dem ein Forderungsverzicht unter der auflösenden Bedingung der Besserung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners vereinbart wird. Diese Besserungsscheine werden unter bestimmten Voraussetzungen nicht bilanziert, belasten mithin die Bankbilanz nicht. Für jedes Institut könnte eine solche "Bad Bank light" individuell angelegt werden. Da die Banken später dafür zur Kasse gebeten werden, verringert sich damit der Anreiz, überhöhte Werte ihrer vergifteten Wertpapiere anzusetzen.