Die Zukunft der Telekommunikation
VeranstaltungsreihenZu einem Vortrag über das Thema "Die Zukunft der Telekommunikation" konnte ZEW-Präsident Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz im Februar 2009 den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Telekom AG, René Obermann, am ZEW begrüßen. Rund 180 Gäste waren der Einladung zu diesem Vortrag in der Reihe "Wirtschaftspolitik aus erster Hand" gefolgt.
Das Vortragsthema sei am ZEW bestens aufgehoben, sagte ZEW-Präsident Franz in seiner Begrüßungsansprache. Denn kein anderes deutsches Wirtschaftsforschungsinstitut untersuche in solch einer Breite die Informations- und Kommunikationstechnologien wie das ZEW. Franz betonte, dass Telekommunikation und Innovation Hand in Hand gingen und so sei es nur folgerichtig, dass die Deutsche Telekom eine Doktorandenstelle am ZEW finanziere, die sich mit Innovationen im Telekommunikationssektor beschäftige. Zu Beginn seines Vortrags schilderte Obermann die "Goldgräberstimmung", die um die Jahrtausendwende auf dem Gebiet der Telekommunikation geherrscht habe. Die Poststrukturreform I und II habe einen neuen Markt geschaffen, gleichzeitig sei der Mobilfunk massentauglich geworden. Seither habe der Mobilfunkmarkt zwar an Dynamik verloren, er sei aber immer noch ein wichtiger Markt. Er halte die Unkenrufe für falsch, die den Mobilfunkmarkt und auch den Telekommunikationsmarkt insgesamt für nahezu gesättigt hielten, sagte Obermann. Vielmehr habe die eigentliche Zukunft der Telekommunikationsbranche gerade erst begonnen. Seit 2006 sei er Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG. Diese habe heute einen Jahresumsatz von rund 70 Milliarden Euro. Weltweit arbeiteten 250.000 Menschen für das Unternehmen. Die Telekom habe mittlerweile rund 150 Millionen Festnetz- und rund 144 Millionen Mobilfunkkunden. Gut 66 Prozent seines Umsatzes erziele das Unternehmen mittlerweile im Ausland. Vor allem in den Vereinigten Staaten und in Osteuropa sei man gut im Geschäft, sagte Obermann. Insgesamt sei die Telekom heute solide aufgestellt. Sein Ziel sei, die Deutsche Telekom zu einem Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen weiterzuentwickeln. Derzeit sei sie noch zu stark auf die Bereitstellung der Netzinfrastruktur ausgerichtet.
Digitales Leben und Arbeiten
Die Zukunft gehöre dem digitalen Leben und Arbeiten, sagte Obermann. Dies bedeute insbesondere die Digitalisierung von Fotos, Musik, Dokumenten und anderen Inhalten. Während diese Daten derzeit noch hauptsächlich auf Endgeräten gespeichert würden, sei er davon überzeugt, dass sie künftig in großem Umfang über das World Wide Web bereitgestellt würden. "Wir befinden uns mitten in dieser digitalen Revolution", so Obermann. Viele Industrien, etwa die Musikindustrie oder die Zeitungsbranche, seien dabei, sich den neuen Möglichkeiten zu öffnen und anzupassen. Das Internet wachse jeden Tag um durchschnittlich sieben Millionen neue Seiten. Die übers Netz bereitgestellten Informationen stiegen exponentiell an. Die Deutsche Telekom entwickle derzeit wegweisende Dienstleistungen. Es werde etwa daran gearbeitet, den Kunden künftig Rechnerleistung entsprechend ihres schwankenden Bedarfs anzubieten. Ferner entwickle die Telekom neue, hochauflösende Technologien, um Videokonferenzen in deutlich besserer Qualität anbieten zu können. Den Teilnehmern sollte dadurch das Gefühl persönlicher Nähe vermittelt werden. Die Zukunft gehöre insbesondere dem mobilen Internet, sagte Obermann. Dieses sei schon heute ein Wachstumsbereich der Telekom. Sie erziele hier jährliche Zuwachsraten von dreißig bis vierzig Prozent. Dieser Bereich habe großes Potenzial, denn die technischen Möglichkeiten seien noch nicht ausgeschöpft. Er denke dabei zum Beispiel an die Kommunikation mit mobilen Routenplanern über Sprache oder an die Bedienung von Sicherheits- und anderen Haustechniken via Internet.
Flächendeckende Vernetzung ist Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg
Die Versorgung mit Breitbandanschlüssen sei in Deutschland ausbaufähig, sagte Obermann. Zwar verfügten 96 Prozent der deutschen Haushalte über die technischen Voraussetzungen, um das Internet zu nutzen, aber nur 80 Prozent verfügten über schnelle Verbindungen. Es sei richtig, dass die Bundesregierung die flächendeckende Versorgung mit Breitbandanschlüssen ins Konjunkturpaket geschrieben habe. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sei davon abhängig, wie stark sich Unternehmen und Haushalte vernetzten. Gerade der ländliche Raum dürfe nicht länger unterversorgt bleiben. Um auch die dünner besiedelten Gebiete mit leistungsfähigen Netzen zur schnellen Datenübertragung auszustatten, wolle die Deutsche Telekom verstärkt den Weg des Public Private Partnership mit den Kommunen gehen. Obermann zeigte sich davon überzeugt, dass sich die Telekommunikationsindustrie weiter konsolidieren werde. Im Bereich des Mobilfunkmarktes gebe es bei Handys heute nur noch zwei führende Anbieter. Bei den Suchmaschinen im Internet sei die Entwicklung hin zu Oligopolen ebenfalls deutlich zu erkennen. Spürbar sei der zunehmende Wettbewerbsdruck mittlerweile auch im Bereich der Netzinfrastruktur. Die Tendenz zu wenigen Anbietern im Markt bewerte er aber nicht so negativ wie die EU sowie die Regulierungsbehörden in Europa, sagte Obermann. Diese hätten vorrangig die Konsumentenseite im Blick und erwarteten sich von vielen Anbietern Preisvorteile für die Kunden. Diese Sicht der Dinge blende jedoch vollkommen aus, dass Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie technologische Innovationen aufgrund der mit ihnen verbundenen hohen Kosten nur von großen, kapitalstarken Unternehmen geleistet werden könnten.