ZEW-Wirtschaftsforum 2016 – Marktmacht und Machtmissbrauch in der digitalen Welt

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ZEW-Präsident Achim Wambach sprach beim ZEW Wirtschaftsforum 2016 über die Digitalisierung in der sozialen Marktwirtschaft.

Die Digitalisierung verspricht einerseits traumhaftes Wachstum, erzeugt andererseits aber eine Marktmacht, die es zu kontrollieren gilt. Braucht es also "Neue Regeln für die Digitale Wirtschaft"? Das war die zentrale Frage des ZEW-Wirtschaftsforums 2016 am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, bei dem renommierte Vertreter aus Internet-Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft miteinander diskutierten: Wie muss mit Marktmacht und deren Missbrauch in der digitalen Ökonomie umgegangen werden und welchen neuen Herausforderungen müssen sich Kartellbehörden dabei stellen? Die Vorträge und Debatten zeigten, dass sich die Instrumente der Wettbewerbshüter auf nationaler, europäischer und globaler Ebene weiterentwickeln sollten, um auf das Tempo der digitalen Wirtschaft reagieren zu können.

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Als Kind der Digitalisierung bringt die internetbasierte Wirtschaft eine rasante Entwicklung mit sich. Applikationen sind in Rekordzeit zu einer Selbstverständlichkeit im täglichen Leben geworden – und lösen sich gegenseitig ebenso schnell ab. Diese hohe Dynamik sei das erste prägende Merkmal im digitalen Zeitalter, wie ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, PhD, in seinem Festvortrag zum Thema "Soziale Marktwirtschaft: Herausforderungen und Digitalisierung" vor 250 Gästen des ZEW Wirtschaftsforums 2016 betonte. "Die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft, der heilige Gral des Privateigentums und Marktpreises, werden durch neue Technologien hinterfragt", führte Wambach aus, "deshalb müssen wir die Regeln neu aufstellen und veränderte Rahmenbedingungen garantieren."

Als prägnantes Beispiel warf der ZEW-Präsident die Frage in den Raum: "Was war die meistbenutzte App bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2006 in Deutschland?" Die Antwort, dass Applikationen für mobile Endgeräte erst seit 2008 auf dem Markt verfügbar sind, belege, dass "ein rasantes Wachstum stattgefunden hat und stattfindet". Dabei falle Big Data an, also gewaltige Datenmengen, die als zweiter wesentlicher Faktor neue Anforderungen an die Soziale Marktwirtschaft stellen würden. Die Generierung dieser Datenmengen nehme in einem nicht erwarteten Ausmaß zu: 90 Prozent der Daten verdoppelten sich alle zwei Jahre, veranschaulichte Wambach. "Der Umgang damit ist ein weites Arbeitsfeld für angewandte Ökonometriker und Mikroökonomen." Als dritte Besonderheit müssten mehrseitige Plattformen mit direkten und indirekten Netzwerkeffekten berücksichtigt werden.

Unter diesen Gesichtspunkten zeichne sich eine Spannungslinie zwischen der sozialen und digitalen Marktwirtschaft ab, schloss Wambach, die zugleich die Wettbewerbs-  und Verbraucherpolitik betreffe. Allein der Blick auf aktuelle Fälle des Bundeskartellamtes verdeutliche die Notwendigkeit, sich damit zu beschäftigen, wo Daten anfallen, von wem sie kommen und wer sie wie verwendet – eben darum ging es in der anschließenden Podiumsdiskussion zu "Macht in der digitalen Ökonomie – wettbewerbspolitisches Neuland".

Digitale Ökonomie bringt Komplexität und Chancenvielfalt mit sich

Julia Holz, Wettbewerbsdirektorin des US-amerikanischen Internetgiganten Google, Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, Christoph Weigler, General Manager des Online-Fahrdienstanbieters Uber in München, und ZEW-Präsident Achim Wambach debattierten die Chancen und Risiken der wachsenden Marktmacht einiger großer Internet-Unternehmen und wie die zuständigen Behörden damit umgehen. Moderiert wurde die Diskussionsrunde von Prof. Dr. Thomas Fetzer, Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Regulierungsrecht und Steuerrecht an der Universität Mannheim sowie Mitglied des Mannheim Centre for Competition and Innovation (MaCCI).

Einig waren sich die Diskutanten in der Komplexität und Vielfalt der Herausforderungen und Möglichkeiten, die die digitale Ökonomie mit sich bringe. Die Denkweise in Unternehmen und Gesellschaft müsse verändert werden, da sich die Digitalisierung in alle Wirtschaftsbereiche hineinfräse und geltende Geschäftsmodelle umwerfe. Einigkeit herrschte auch darüber, dass wettbewerbsrechtliche Verfahren angepasst werden müssten. Die bisherige Aufsicht und Rechtsprechung könne aufgrund der Vielfalt der Fälle nur in unterschiedlichem Ausmaß eingreifen und sei daher gezwungen, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten.

Kontrovers wurde indes diskutiert, ob sich die Wettbewerbssituation tatsächlich verbessere, wenn Institutionen wie das Bundeskartellamt in den Markt eingreifen. Dem Vorwurf, dass es der Rechtsanwendungspraxis an Weitsicht und der sachlich richtigen Einschätzung der Gegebenheiten fehle, begegnete Andreas Mundt mit dem Einwand: "Wir müssen auf 'Moving Targets' reagieren, aber wir wissen, wie wir damit umzugehen haben. In fünf Jahren haben wir rechtskräftige Entscheidungen für die Fälle von heute."

"Das Tempo der Digitalisierung betrifft ebenso unsere Statistiken"

Den roten Faden der Podiumsdebatte – und damit auch den Akzent des Vortrags von ZEW-Präsident Achim Wambach – griff der zweite Festredner des Tages auf, ZEW Research Associate Prof. Dietmar Harhoff, PhD. "Das Tempo der Digitalisierung betrifft ebenso unsere Statistiken", unterstrich der Direktor des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb, "bei der Erfassung von Produktivitätseffekten hinken wir noch weit hinterher." So bringe das Internet viel wertvollen, sogenannten "User-generated content" (UGC) hervor. "Nutzer werden selbst aktiv und schaffen damit Inhalte, die Abnehmer finden", erläuterte Harhoff, der auch der Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung vorsitzt, in seinem Vortrag zu "Internet, Innovation und Wettbewerb". Allerdings würden die positiven Effekte des UGC noch unterschätzt. Auch im Bereich der Wagniskapitalfinanzierung hinke die Bundesrepublik im internationalen Vergleich hinterher.

An das ZEW-Wirtschaftsforum 2016 schloss sich der offizielle Festakt zur Amtsübergabe des ZEW-Präsidenten an, bei dem der symbolische Stab von Prof. Dr. Clemens Fuest an Achim Wambach übergeben wurde. Neben dem traditionellen ZEW Sommerfest brachte auch das Ehemaligentreffen viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammen.

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