Banken setzen wieder verstärkt auf die Filiale: ZEW veröffentlicht Studie zum Retail-Banking in Deutschland

Forschung

Kaum ein anderes Geschäftsfeld im deutschen Bankensektor hat sich in den vergangenen Jahren so dynamisch entwickelt wie das Retail-Banking. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig. Auf der einen Seite werden die Wünsche der Kunden immer differenzierter und erfordern eine individualisierte Kundenansprache. Gleichzeitig ist die Preissensibilität der Bankkunden in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Filiale drohte angesichts dieser Marktveränderungen lange Zeit ein Auslaufmodell zu werden. Mittlerweile zeichnet sich aber ein Umdenken bei den Kunden und den Kreditinstituten ab. Vor diesem Hintergrund hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Rahmen des ZEW-Finanzmarkttests zwischen Januar und April 2008 rund 350 Experten aus Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungsunternehmen zum Filialgeschäft der Zukunft befragt. Von diesen haben rund 250 an der Umfrage teilgenommen. Die Ergebnisse liegen jetzt als ZEW-Dokumentation 08-01 vor.

Die Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken in den kommenden Jahren weitere Zweigstellen schließen werden. Ausländische Banken werden ihr Filialnetz hingegen weiter ausdehnen. Insgesamt kann dadurch aber nicht der Filialabbau gestoppt werden.

Trotzdem bleibt die Filiale auch in Zukunft der wichtigste Vertriebskanal von Banken. Vor allem die Beratung von Privat- und Firmenkunden erfolgt dort. Darüber hinaus bleibt die Filiale auch weiterhin zentraler Anlaufpunkt für die Immobilienfinanzierung und die Vergabe von Krediten mit großem Kreditvolumen. Kleine Privatkredite sind hingegen standardisierbar und werden vorwiegend über das Internet oder andere Vertriebskanäle angeboten. Die Verwaltung des Kontos oder des Wertpapierdepots erfolgt ebenfalls überwiegend über elektronische Vertriebskanäle.

Stärker noch als auf die Schließung oder den Aufbau von Filialen setzen Banken in Zukunft auf die Umgestaltung bestehender Filialen. Mit dem Umbau sollen die Filialen verstärkt nach den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet werden. Da letztere zunehmend heterogener werden, kann es nicht mehr nur ein Filialtyp geben. Banken müssen unterschiedliche Filialkonzepte einsetzen, um den Kunden wieder zurück in die Filiale zu holen und ihm einen sichtbaren Mehrwert des Filialbesuchs zu verschaffen. Deshalb setzen die Filialen in Zukunft neben der klassischen Vollservice-Filiale auch auf andere Filialkonzepte wie die so genannte Erlebnisfiliale, die Beratungsfiliale, den Banking-Shop oder die Zielgruppenfiliale.

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Gunter Grittmann
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