Fachgrößen diskutieren Steuervermeidung, Ungleichheit und weitere Themen bei MaTax-Jahreskonferenz
VeranstaltungenWie muss zukunftsfähiges Steuersystem gestaltet werden, um neue wirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Herausforderungen national, auf europäischer Ebene und global meistern zu können? Das untersucht der Leibniz-WissenschaftsCampus „Mannheim Taxation“ (MaTax) von ZEW und Universität Mannheim und organisierte dazu Anfang Oktober 2018 die bereits fünfte internationale MaTax-Jahrestagung in Mannheim.
Die Konferenz bot mit 36 Vorträgen in zwölf Sessions den rund 80 Gästen aus aller Welt ein spannendes Programm zu aktuellen Steuerthemen. Hauptredner/innen waren Prof. Michelle Hanlon vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), USA, und Prof. Wojciech Kopczuk von der Columbia University, USA.
Was treibt und was wirkt gegen Steuervermeidung?
Michelle Hanlon, Professorin im Bereich Accounting an der MIT Sloan School of Management, gab einen Überblick über die wissenschaftliche Forschung zur Steuervermeidung, ging aber auch auf die politische Bedeutung des Themas ein. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich unter anderem mit der Messung der Steuervermeidung von Firmen. Die von ihr entwickelte Kennziffer zeigt einen klaren Anstieg über die letzten 25 Jahre; zugleich existieren systematische Unterschiede zwischen Branchen und Zusammenhänge mit bestimmten Firmeneigenschaften. In einer weiteren Studie zeigte sie, dass auch die Haltung einzelner Manager einen Einfluss darauf hat, wie aggressiv Firmen bei der Steuervermeidung vorgehen. Das zweite große Thema ihres Vortrags war der Einfluss von Reputationseffekten und öffentlichem Druck auf die Steuervermeidung. Werden aggressive Praktiken öffentlich, wirkt sich das leicht negativ auf den Aktienkurs aus. Der Effekt ist stärker für Firmen, die einen direkten Kontakt zum Endverbraucher haben und für die sich der Reputationsverlust stärker auswirkt. Auch für die Aktivitäten einer britischen Nicht-Regierungsorganisation lässt sich nachweisen, dass die Steuervermeidung zurückgeht, wenn eine Organisation öffentlich an den Pranger gestellt wird.
Unternehmensgewinne und Ungleichheitsmessung
Wojciech Kopczuk, Professor im Bereich Ökonomie und International and Public Affairs an der Columbia University, zeigte in seinem Vortrag, welchen Einfluss die Erfassung von Unternehmensgewinnen auf verschiedene Kennziffern der Einkommensungleichheit hat. Aus finanzwissenschaftlicher Sicht sollten nicht nur Dividenden, sondern auch einbehaltene Gewinne als Einkommen der Anteilseigner gewertet werden. Beide Komponenten würden in den Daten oft nicht oder nur unzureichend erfasst. Seine Forschung mit weiteren Autoren auf Basis administrativer Steuerdaten für Norwegen und die USA zeigt jedoch, dass gerade im Bereich der allerhöchsten Einkommen Dividenden und einbehaltene Gewinne quantitativ bedeutsam sind. In Norwegen spielen für die reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung vor allem die einbehaltenen Gewinne nicht börsennotierter Firmen eine große Rolle. Kopczuk stellte im Vortrag Versuche für die USA vor, die Messung der Einkommensverteilung um die genannten Komponenten zu erweitern. Dadurch steige einerseits der Anteil des Einkommens, der an das reichste Prozent der Haushalt geht. Gleichzeit falle der Anstieg der Einkommensungleichheit über die Zeit weniger dramatisch aus.
Aktiver wissenschaftlicher Austausch durch MaTax
Die fünfte MaTax-Jahreskonferenz bot, wie schon in den Vorjahren, einen intensiven wissenschaftlichen Austausch auf hohem Niveau. Der anhaltende Erfolg der Konferenz spiegelt den guten Ruf wider, den MaTax und die Mannheimer Steuerforschung genießen. Dies betonte auch ZEW Research Associate und MaTax-Direktor Professor Christoph Spengel bei der Begrüßung der Konferenzteilnehmer. Auch für das kommende Jahr sind zahlreiche MaTax-Veranstaltungen geplant. Neben den etablierten Formaten am Standort Mannheim wird unter anderem eine Diskussionsrunde zur Steuerpolitik im digitalen Zeitalter in Berlin stattfinden. MaTax wird finanziert vom ZEW, der Universität Mannheim, dem Land Baden-Württemberg sowie der Leibniz-Gemeinschaft, der das ZEW angehört. Darüber hinaus besteht eine Kooperation mit dem Institut für Finanz- und Steuerrecht der Universität Heidelberg.