Energiewende sicher und bezahlbar gestalten
VeranstaltungsreihenBundeswirtschaftsminister spricht am ZEW
Klima-Notstand, Green Deal, Klimakonferenz und zuletzt das Klimapaket: Deutschland meint es ernst mit der Klimapolitik. Wo die Bundesrepublik bei der Zielerreichung mit Blick auf Klimapolitik und Energiewende steht und wie es weitergehen soll, hat Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie, am 13. Januar 2020 am ZEW Mannheim erläutert. Im Zusammenhang mit dem Wissenschaftsprojekt „Dialog zur Klimaökonomie“ sprach Altmaier in der ZEW-Veranstaltungsreihe „Wirtschaftspolitik aus erster Hand“. Vor rund 220 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft ging es vor allem darum, wie eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland gestaltet werden kann, wie demokratische Klimapolitik national und international umgesetzt wird und welche Rolle Deutschland dabei zukommt.
„Die Energiewende ist eine Herausforderung, ähnlich wie die Transformation der Wirtschaft ins Zeitalter der Digitalisierung“, sagte der Minister zu Beginn seines Vortrags mit dem Titel „Klimapolitik und Energiewende: Herausforderungen und Perspektiven“. „Derzeit stellen wir innerhalb von zwei Generationen ein etabliertes Energiesystem auf den Kopf und bringen wieder mehr Wertschöpfung in ländlichere Regionen.“ Die Herausforderung bestehe laut Altmaier vor allem darin, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit zu gewährleisten.
Zwischen Energiewende und marktwirtschaftlichen Prinzipien
Für die Industrienation Deutschland sei eine belastbare Energieversorgung mit erneuerbaren Energien möglich, wenn die Rahmenbedingungen stimmten. Daher gelte es, marktwirtschaftliche Prinzipien in der Energiewende zu verankern. Die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und die Einhaltung der Klimaziele müssten Hand in Hand gehen. Mit anderen Worten: Geschäftsmodelle werden künftig dann erfolgreich sein, wenn sie die Energiewende und den Klimaschutz mitdenken – Herausforderung und Chance für den Wirtschaftsstandort Deutschland zugleich.
Die Klimaschutzpolitik vergangener Jahre zeige bereits Wirkung: „CO2-Emissionen sinken drastisch, während Kohlestrom Platz für erneuerbare Energien macht“, meinte Peter Altmaier. Bisher sei die Energiewende eine Stromwende, bei dessen Fortgang sich das Wünschbare und das Machbare die Waage halten müssten. Ein gleichzeitiger Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft ist für den Minister daher nicht sinnvoll. „Deutschland ist beim Ausbau von erneuerbaren Energien auf Zielkurs. Die deutsche Wirtschaft ist seit 2005 um rund 25 Prozent gewachsen und dennoch sind die CO2-Emissionen um 13 Prozent gesunken“, erklärte der Politiker.
„Energiewende gelingt nur, wenn wir die PS auf die Straße bringen“
Genauer betrachtet sei das aber noch nicht einmal die Hälfte des Weges. Mit Blick auf den sogenannten „Green Deal“ der EU-Kommission unter Ursula von der Leyen habe sich Deutschland darauf verständigt, bis 2050 treibhausgasneutral zu sein – das gehe weit über die Stromwende hinaus und stelle das Land vor neue Herausforderungen. Die Energiewirtschaft und die Industrie seien für diese Ziele gut aufgestellt. Nachholbedarf hätten hingegen die Sektoren Verkehr und Gebäudeenergie. „Wir haben uns für ein marktwirtschaftliches Instrument entschieden, um die Ziele einzuhalten und die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten: den Emissionshandel“, führte der Bundeswirtschaftsminister aus.
Klimaneutraler müsse Deutschland auch im Bereich der Mobilität werden. Dafür würden entsprechende Anreize durch einen erhöhten Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Mobilitätsformen geschaffen. In diesem Punkt sprach sich Altmaier für einen Ausbau von hybridelektrischem Fliegen aus. Er betonte gleichzeitig, dass Mobilität immer noch bezahlbar sein müsse, da sie ein Stück Lebensqualität darstelle. „Gemeinsam mit der Wirtschaft und Wissenschaft gehen wir diesen Weg mit neuen Innovationen und Ideen, nicht nur in der Theorie, sondern vermehrt auch in der Praxis. Die Energiewende wird nur gelingen, wenn wir die PS auch auf die Straße bringen“, so Altmaier. Seine zentrale Botschaft: „Die Energiewende weiter sicher, bezahlbar und umweltverträglich voranbringen.“
Deutschland nimmt international eine Vorreiterrolle ein
Im Anschluss an den Vortrag eröffnete ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, PhD den Austausch mit dem Bundeswirtschaftsminister. Der ZEW-Präsident betonte zu Beginn der Diskussion, dass man die Energiewende künftig mehr spüren werde und warf die Frage auf, ob daher nicht die Regierung mehr Initiative zeigen müsse, um die Bevölkerung für neue klima- und energiepolitische Instrumente zu öffnen. Altmaier verwies in diesem Punkt darauf, dass gemeinsam mit allen Beteiligten eine Lösung zu finden sei. Im derzeitigen gesellschaftlichen Diskurs – zum Beispiel über den bisher stockenden Ausbau der Windkraft an Land – würden emotionale Argumente häufig die Oberhand über sachliche Gründe gewinnen.
Auf die Frage, ob es nicht vermehrt internationale Lösungen für den Klimawandel brauche, legte der Minister dar, dass Deutschland weltweit als Paradebeispiel dastehe. „Wenn wir Klima- und Ressourcenverbrauch schützen, wird die Marktwirtschaft dazu beitragen, Wachstumspotenziale in der Welt zu heben. Nur wenn Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit bewahrt und als Industrie- und Wirtschaftsnation erfolgreich vorangeht, werden auch klimapolitischen Anstrengungen global fruchten“, betonte Altmaier.
Aus dem Publikum drangen weitere Fragen in die Diskussionsrunde: Ist unter den derzeitigen klimapolitischen Gesichtspunkten vermehrt über den Einsatz von „Carbon Capture and Utilization“ (CCU)und „Carbon Capture and Storage“ (CCS) nachzudenken? Welche Anreize setzt die Politik, in Energie aus Gaskraftwerken zu investieren? Mit welchen Mechanismen kann man Regulierungen glaubhafter machen? Punkte, die ein gemeinsames Agieren von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft erfordern.