Wie viel Staat braucht der Klimaschutz? Klimaschutz muss global und kosteneffizient durchgesetzt werden – sonst funktioniert er nicht
NachgefragtEnergiefressende Glühlampen werden aus den Verkaufsregalen verbannt, für die energetische Sanierung des Eigenheims winken satte Fördergelder und Pkws dürfen ab dem Jahr 2015 beim CO2-Austoß streng definierte Emissionsobergrenzen nicht überschreiten sonst drohen Bußgelder. Dies sind nur einige Beispiele für staatliche Maßnahmen zum Schutz des Klimas. PD Dr. Andreas Löschel, Leiter des Forschungsbereichs Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement am ZEW, hält sie für reine Symbolpolitik. Er setzt beim Klimaschutz auf marktkonforme Instrumente.
PD Dr. Andreas Löschel leitet seit 2007 den Forschungsbereich Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement am ZEW. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Energiepolitik, der Ökonomie des Klimawandels und auf Fragen der Ausgestaltung von umwelt- und wirtschaftspolitischen Instrumenten. Löschel berät unter anderem das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, die Europäische Kommission sowie das Europäische Parlament.
Die Politik greift immer stärker regulierend in den Klimaschutz ein. Bringt staatlicher Interventionismus tatsächlich mehr Klimaschutz oder droht nur mehr Bürokratie?
Löschel: Staatlicher Interventionismus hilft nicht weiter. Durch das Glühlampenverbot etwa sollen ab dem Jahr 2012 rund 15 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Dies entspricht gerade einmal 4 Promill der CO2-Emissionen in Europa. Das ist verschwindend wenig und irrelevant, wenn man über Europa hinaus schaut: Die CO2 Emissionen in China betragen 5.000 Millionen Tonnen CO2. Allein der jährliche Anstieg der Emissionen beläuft sich auf etwa 550 Millionen Tonnen. Das heißt, durch das Glühlampenverbot in Europa wird das CO2-Wachstum in China gerade einmal um eine Woche verzögert. Für das Klima ist es aber unerheblich, wo das CO2 ausgestoßen wird. Das Glühlampenverbot ist also eher Symbolpolitik. Auch fortgesetzter staatlicher Interventionismus wird nicht ausreichen, um das Klimaproblem zu lösen. Stattdessen führt er zu mehr Bürokratie und fördert eher die Ablehnung klimapolitischer Maßnahmen durch die Bürger.
Warum setzten die Europäer beim Klimaschutz nicht verstärkt auf das Instrument des EU-Emissionshandels?
Löschel: Der EU-Emissionshandel war in den ersten Jahren ein Experiment nicht gekannten Ausmaßes. Es gab dabei natürlich verschiedene Kinderkrankheiten, etwa die generöse freie Zuteilung der Zertifikate durch die Mitgliedsstaaten. Die Preise schwankten daher stark und waren lange Zeit nahe Null. Von so einem Emissionshandelssystem gehen natürlich kaum Impulse aus. Das KfW-ZEW CO2 Barometer zeigte dann auch, dass die CO2-Einsparung nur bei den wenigsten Investitionen auf Unternehmensebene ausschlaggebend war. Daraus schließen viele, dass der Emissionshandel insgesamt nicht in der Lage ist, substantielle Emissionsminderungen und ein rasches Umsteuern auf eine CO2-arme Ökonomie zu erreichen. Dies sehe ich anders. Es fehlt bisher einfach die konsequente Umsetzung der Idee. Wenn ab dem Jahr 2013 eine Tonne CO2 30 Euro kostet und die Emissionszertifikate hauptsächlich versteigert werden, wird eine ganz andere Dynamik zu beobachten sein. Marktnahe erneuerbare Energien werden davon profitieren und könnten - statt durch technologievariable Einspeisevergütungen im Erneuerbare-Energien-Gesetzt - durch eine einheitliche Förderung zusätzlich unterstützt werden.
Wie könnte mit dem geringsten Kostenaufwand möglichst viel Klimaschutz erreicht werden?
Löschel: Die Entscheidung über Art und Umfang der Emissionsvermeidung sollte den Akteuren überlassen bleiben. Nur sie alleine können die damit verbundenen Kosten beziehungsweise den damit verbundenen Verlust an Lebensqualität einschätzen. Andere Ansätze wie das Glühlampenverbot beschneiden unnötig diese Entscheidungsfreiheit und führen zu Zusatzkosten gegenüber einem Emissionshandelssystem oder einer CO2-Steuer. Besser wäre es, mehr Information – etwa über Energiesparmöglichkeiten – bereitzustellen, die Ziele im Emissionshandelssystem ambitioniert zu gestalten und den Emissionshandel sektoral und regional rasch auszuweiten. Nur ein möglichst globaler Ansatz hilft uns wirklich weiter. Da einige Sektoren für einen Emissionshandel nach europäischem Muster nicht geeignet sind, sollten für diese Bereiche zusätzlich CO2-Steuern eingeführt werden. Umfassender Emissionshandel und CO2-Steuern führen so zu einem einheitlichen Preis für Emissionsminderungen und sichern damit geringste Kosten beim Klimaschutz. Die ökonomische Effizienz der Klimapolitik ist aus meiner Sicht eine Voraussetzung für die politische Durchsetzbarkeit des notwendigen Klimaschutzes - nicht nur in Europa.