Neuorientierung der internationalen Unternehmensbesteuerung im Blick
KonferenzenAchte MannheimTaxation-Jahreskonferenz im virtuellen Format
Wie können wir sicherstellen, dass alle Wirtschaftsakteure – inklusive der großen Konzerne – ihren fairen Beitrag zur Finanzierung des Allgemeinwesens beitragen? Wie soll dieses Steueraufkommen gerade im Hinblick auf internationale Wertschöpfungsketten und weltweite Verbraucher unter den Ländern aufgeteilt werden? Viele Themen der diesjährigen MannheimTaxation-Konferenz vom ZEW Mannheim standen ganz unter dem Stern der zurzeit stark diskutierten Neuorientierung der internationalen Unternehmensbesteuerung.
Über 200 Expertinnen und Experten diskutierten diesen Themenkomplex in 16 Sessions und 48 Vorträgen, alles im komplett virtuellen Format. Besonders hervorzuheben waren die Keynotes von Professor Wolfgang Schön vom Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen und von Professor Florian Scheuer von der Universität Zürich sowie die hochkarätig besetzte Policy Session zur Frage, ob Mindestkörperschaftsteuersätze das Ende des Steuerwettbewerbs bedeuten.
Wird es endlich ein internationales Steuersystem geben?
Einen sehr umfassenden Überblick über vergangene und andauernde Bestrebungen zur Harmonisierung der internationalen Steuersysteme gab Prof. Schön, Direktor des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen. Sein Vortrag befasste sich nicht nur mit den eingesetzten und viel diskutierten steuerlichen Instrumenten, sondern auch mit der politischen Umsetzung und Durchsetzbarkeit auf internationaler Ebene. Hierzu ist vor allem die neue und verstärkte Rolle der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) zu nennen, die maßgeblich die jüngsten Bestrebungen zu einer globalen Mindeststeuer für international agierende Unternehmen vorantreiben. Obwohl diese neu gefundene internationale Einigkeit fast ein internationales Steuersystem suggerieren könnte, mahnt Wolfgang Schön jedoch an, dass auch im Falle der vollständigen Umsetzung eines Mindeststeuer-Systems für internationale Konzerne noch viele weitere Fragen offen bleiben, welche die zukünftigen internationalen Auseinandersetzungen hinsichtlich der Besteuerung prägen werden.
Wie sollten Start-Ups besteuert werden?
Egal ob Amazon, Facebook oder Apple: Die derzeit geführte Diskussion zur Besteuerung von Unternehmen ist durch Beispiele geprägt, in denen sehr große, international agierende Unternehmen offensichtlich zu wenige oder ungerecht verteilte Steuern zahlen. Jedoch wird hierbei nicht beachtet, dass ein Großteil der Innovationskraft und somit auch der Wirtschaftsleistung von Volkswirtschaften auf kleinen, innovativen Unternehmen beruht. Solche Start-Ups und deren Beschäftigten gehen oftmals große Risiken ein, um ein neues Produkt zu entwickeln oder einen bestimmten Markt grundsätzlich neu zu gestalten. Darüber hinaus unterliegen diese Unternehmen oft harten finanziellen Beschränkungen, so dass eine zusätzliche Besteuerung eine hohe Bürde für Start-Ups darstellt. Aus diesem Grund können höhere Steuern dazu führen, dass Start-Ups erst gar nicht gegründet werden. Die Folge ist ein Rückgang der Innovationstätigkeit der betroffenen Volkswirtschaften. Anhand umfangreicher Daten analysierte Prof. Scheuer von der Universität die Reaktionen von Start-Ups auf Änderungen im Steuersystem. Er machte in seinem Vortrag klar, dass die Besteuerung von Unternehmen auch auf die Innovationstätigkeit von kleinen Start-Ups starke Auswirkungen hat.
Über den Wissenschaftscampus MannheimTaxation
Der Wissenschaftscampus MannheimTaxation ist eine gemeinsame Initiative von ZEW Mannheim und der Universität Mannheim. MannheimTaxation ist es seit der Gründung im Jahr 2014 gelungen, Mannheim zu einem international anerkannten Zentrum der Steuerforschung zu machen. Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Mannheim und Heidelberg arbeiten gemeinsam an aktuellen Fragen in den Bereichen der Besteuerung von Unternehmen und Individuen, öffentliche Finanzen und Steuerrecht. Das WissenschaftsCampus-Modell ist eine Initiative der Leibniz-Gemeinschaft, um eine starke und sichtbare Kooperation zwischen Leibniz-Einrichtungen und Hochschulen zu fördern und komplementäre regionale Forschungspartnerschaften aufzubauen. Ziel ist es, die Forschung in einem Fachgebiet zu stimulieren und das wissenschaftliche Umfeld für die jeweiligen Themen zu verbessern. Die Netzwerke betreiben qualitativ hochwertige Forschung, fördern die Interdisziplinarität ihrer Forschungsthemen, -projekte und -methoden, erhöhen die Sichtbarkeit der beteiligten Forschungsstandorte und verbessern deren Forschungsprofile.