Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle
Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-ZeitungKonjunkturexperten/-innen sehen noch keine Entwarnung vor Rezession
Die Expertinnen und Experten für Konjunktur zeichnen erneut ein wenig erfreuliches Bild für die deutsche Wirtschaft. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll dieses Jahr beim Nullwachstum bleiben. Die Prognosen für das Eurogebiet fallen dabei wesentlich besser aus. Bei der Inflationsrate wird ein starker Rückgang erwartet. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung.
Die deutsche Wirtschaft stagnierte im ersten Quartal dieses Jahres; für das Eurogebiet ergab sich noch ein ganz schwaches Wachstum von 0,1 Prozent, jeweils bezogen auf das Vorquartal. Entsprechend den Prognosen der Expertinnen und Experten soll das reale BIP Deutschlands auch auf das ganze Jahr gesehen stagnieren. Die prognostizierte Wachstumsrate sank sogar von 0,1 Prozent im Vormonat auf aktuell null Prozent.
Deutsche Konjunktur hinkt Eurozone hinterher
Wesentlich besser – aber immer noch nicht gut – sieht es für das Eurogebiet aus. Hier soll bezogen auf das Vorjahr das reale BIP im Jahresdurchschnitt um 0,7 Prozent zunehmen, im Vormonat wurde von den Expertinnen und Experten 0,8 Prozent angegeben. Im aktuellen Jahr wird sich nach diesen Prognosen die deutsche Wirtschaft deutlich schlechter entwickeln als die des Eurogebiets. Eine länger dauernde, allerdings eher schwach ausgeprägte Rezession ist im Jahr 2023 durchaus möglich. Dies liegt vor allem an schwächelnden Ausgaben für den privaten Konsum sowie deutlicher zurückgehenden Anlageinvestitionen auf der Seite der Unternehmen.
Im kommenden Jahr sollen die Wachstumsraten dann konvergieren, mit 1,3 Prozent in Deutschland und 1,5 Prozent im Eurogebiet.
Inflation auf dem Rückzug
Die Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen in Deutschland betrug im April 7,2 Prozent und damit etwas weniger als im März, hier waren es 7,4 Prozent. Die Prognosen für das gesamte Jahr 2023 bleiben unverändert bei 6,0 Prozent. Damit diese Prognose Wirklichkeit wird, müsste die Inflationsrate von Mai bis Dezember im Durchschnitt bei ungefähr 5 Prozent liegen. Dies bedeutet einen erheblichen Rückgang in den nächsten Monaten, ist aber keineswegs unrealistisch. Ein weiterer Rückgang auf im Jahresdurchschnitt 2,9 Prozent wird dann für das Jahr 2024 prognostiziert.
EZB-Zielmarke auch 2024 nicht erreicht
Für das Eurogebiet sehen die Inflationsprognosen sehr ähnlich aus. Mit 2,7 Prozent dürfte entsprechend den Vorhersagen der Expertinnen und Experten aber auch 2024 die Zielgröße der Europäischen Zentralbank (EZB) noch nicht wieder erreicht sein. Entsprechend sollte auch im Jahr 2024 noch keine Lockerung der Geldpolitik eingeleitet werden. Die Prognosen für den 3-Monatszins betragen sowohl für 2023 als auch für das nächste Jahr 3,6 Prozent und liegen damit etwas höher als im Vormonat, hier waren es 3,3 Prozent für 2023 und 3,4 Prozent für 2024. Da die Prognosen für die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen unverändert bei 2,6 Prozent (2023) und 2,3 Prozent (2024) liegen, gehen die Expertinnen und Experten somit von einer stärker invers werdenden Zinsstruktur aus.
Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung
In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.
Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.